Horizontaltherapie

Neue Möglichkeiten in der physialischen Therapie

Während die Schulmedizin auf vielen Gebieten große Fortschritte macht, werden bahnbrechende Neuerungen in der physikalischen Therapie von der Fachwelt oft wenig zur Kenntnis genommen. Eine dieser Neuerungen ist die Horizontaltherapie, die ihren Namen einer eben so simplen wie genialen technischen Weiterentwicklung im Bereich der systemischen Elektrotherapie verdankt.

Wie funktioniert Horizontaltherapie?


Horizontaltherapie ist eine systemische Form der Elektrotherapie, die in den gesamten Stoffwechsel eingreift. Im Gegensatz zu Reizstrom, der nur an erregbaren Zellen, sprich Muskel- und Nervenzellen, wirkt. Der Körper arbeitet auf zwei verschiedene Arten völlig natürlich selber mit elektrischem Strom: Zum einen gibt es keinen Stoffwechselvorgang im Körper, ohne dass Strom fließt. Denn elektrischer Strom ist – per Definition – das Bewegen von elektrischen Ladungsträgern. Ionen und Moleküle (H-Ionen, Magnesium, Kalium, etc.), die in jedem Körper in großer Zahl vorhanden sind, sind entweder positiv oder negativ geladen! Wann immer sich zu einem Stoffwechselvorgang ein solches Teilchen im Körper bewegt, fließt also ein elektrischer Strom.

Wenn man mit herkömmlichem Reizstrom behandelt, nutzt man eine positiv geladene und eine negativ geladene Elektrode. Unter der positiv geladenen Elektrode werden im Körper die negativ geladenen Teilchen angezogen und unter der negativ geladenen Elektrode werden die positiv geladenen Teilchen angezogen. Dadurch kommt es zu einer Ladungstrennung im Körper. Die einen zieht es in die eine Richtung, die anderen in die entgegen gesetzte Richtung.
Das ist für den Stoffwechsel ungünstig, denn die Teilchen müssen sich im Körper auf eine bestimmte Art und Weise begegnen, dann können sie aneinander andocken und es kommt zur biochemischen Reaktion. Wenn diese Teilchen aber auseinander dividiert werden, wird der Stoffwechsel verlangsamt. Ein gut funktionierender Stoffwechsel ist jedoch zur Heilung äußerst wünschenswert.

Die Horizontaltherapie (HT) ist ein mittelfrequenter Wechselstrom. Das heißt, die Polarität der Elektroden (positiv und negativ geladen) wechselt einige tausend Mal pro Sekunde. Geräte, die mit mittelfrequenten Wechselströmen arbeiten, sorgen selber für diesen Effekt. Die Ladungsträger (Ionen und Moleküle) werden also ein paar tausend Mal pro Sekunde in unterschiedliche Richtungen angezogen. So schnell können sie aber nicht zwischen den Elektroden „hin und her flitzen“. Sie werden quasi nur noch umeinander geschüttelt. Man nennt das auch den physikalischen Schütteleffekt. Dieser ist von außen nicht sichtbar, denn er findet im Gewebe statt.

Das ist von großem Vorteil, da so die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in der richtigen Konstellation begegnen und „stoffwechseln“ können, entscheidend erhöht wird. Dieser physikalische Schütteleffekt hat aber noch einen weiteren Vorteil: Bei einem entzündlichen Prozess kommt es immer auch zu Schwellungen im Gewebe (von außen nicht zwingend sichtbar). Diese Schwellung drückt nun auf das Gewebe und hindert die Zellen am Arbeiten. Außerdem liegen in der Schwellung konzentriert Entzündungs- und Schmerzmediatoren (H-Ionen sind z. B. Schmerzmediatoren). Diese melden an die umliegenden Nervenenden, dass aufgrund ihrer hohen Konzentration in diesem Bereich eine schmerzhafte Entzündung vorliegt.

Eine solche Schwellung muss man sich vorstellen wie ein Haufen Sand auf einem Blatt Papier. Wenn nun von unten (Strom) ein paar tausend Mal pro Sekunde an dem Papier (Gewebe) gerüttelt wird, verteilt sich der Haufen (Schmerzentzündungsmediatoren) auf eine größere Fläche.

In unserem Fall die Schwellung, d. h., es sind mehr Lymph- und Blutgefäße außen herum beteiligt und Flüssigkeit kann besser abtransportiert werden. Gleichzeitig nimmt die Konzentration der Schmerz- und Entzündungsmediatoren ab, so dass weniger Schmerz und Entzündung an die umliegenden Nervenenden gemeldet wird. Die entzündungshemmende und ödemreduzierende Wirkung gleicht der Wirkung von Kortison. Zusätzlich wird jedoch der Stoffwechsel positiv beeinflusst und es kommt über verschiedene Mechanismen zur Schmerzlinderung.

Zum Zweiten nutzt der Körper Strom nicht nur für bei Stoffwechselvorgängen, sondern auch zur Informationsübertragung. Dazu kreiert er selber elektrische, körpereigene Impulse, so genannte Aktionspotentiale (APs). Diese werden über die Nerven vom Erfolgsorgan an das Gehirn verschickt und umgekehrt. Die Art der Information ist abhängig von der Anzahl der APs und der Nerven, über die sie verschickt werden.

Hier ist es in der Therapie möglich, den Körper die entsprechende Anzahl der Aps bilden zu lassen und so in die Informationsübertragung einzugreifen. Das nutzt man zum Beispiel, um Blutgefäße in der Peripherie eng oder weit zustellen. Dabei kann man die Noradrenalinausschüttung an der Synapse von sympathischen Nervenenden und Gefäßmuskulatur steuern. Auch die Entspannung von Skelettmuskulatur ist möglich.

Mit hohen Frequenzen wird an schmerzleitenden Nervenzellen eine Dauerdepolarisation hervorgerufen, die es der Nervenzelle unmöglich macht, Schmerzinformation an das Gehirn weiter zu leiten. Ein großer Vorteil in der Behandlung von neurogenen Schmerzen. Unter der Behandlung mit Horizontaltherapie kommt es zur Freisetzung von Endorphinen (körpereigenen Glückshormonen). Das macht den Einsatz in der Veterinärmedizin sehr einfach, da der Patient während der Behandlung völlig entspannt.

Anwendung findet die Horizontaltherapie zum Beispiel auch in der Therapie von Allergien und Krankheitsbildern mit allergischen Komponenten. Bei Durchströmung des Körpers mit Horizontaltherapie wird der cAMP Gehalt des Körpers wesentlich erhöht. Das hat zur Folge, dass die Mastzellwände stabilisiert werden und das in den Mastzellen eingelagerte Histamin vermindert freigesetzt wird, wenn der Körper mit der allergieauslösenden Komponente in Berührung kommt. Hiervon profitieren unter anderem vor allem Ekzemer und COPD-Patienten sowie auch Futtermittelallergiker.

Bei regelmäßiger Durchströmung von lebendem Gewebe erhöhen sich Anzahl und Volumen von Mitochondrien. Das ist von außerordentlichem Vorteil bei CNI-Patienten (CNI: Chronische Niereninsuffizienz, Anm. d. Red.).
Als Kontraindikationen gelten akute bakterielle Entzündungen und akute virale Infekte, sowie die Behandlung in Anwesenheit von aktiven Metalimplantaten. Inaktive Metallimplantate wie Schrauben, Platten und Fixateure sind keine Kontraindikation bei dieser Stromform. Auch tumoröse Geschehen stellen keine Kontraindikation, sondern vielmehr eine Indikation dar.

Typische Indikationen für Horizontaltherapie sind:

  • chronisch degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates, wie Arthrosen, HD, ED und Spondylosen
  • neurologische Ausfälle und Schmerzen durch Bandscheibenvorfälle, Rückenmarksinfarkte und Spondylosen, sowie Verletzungen der Wirbelsäule, Neuralgien, periphere und zentrale Lähmungen
  • Wundheilungsstörungen, Frakturen, Traumata, Sehnenverletzungen, Vernarbungen, Verkalkungen, osteolytische Vorgänge
  • Allergien, CNI, Tumorerkrankungen, Störungen des Hormonhaushaltes, Stoffwechselstörungen, Insulinresistenzen, Cushing, EMS und Hufrehe

Tanja Blume, Dozentin für physikalische Therapie

31.05.2018

Bildergalerie

Zurück zur Übersicht