Entstein Euch! - Teil 2

Trend zur Gestaltung kleiner Vorgärten: Solitärpfl anzen in Steinhaufen – angeblich geringerer Pfl egeaufwand und niedrigere KostenIm ersten Teil des Artikels „Entsteint Euch!“ wurde die Entwicklung der Gärten vom Zweiten Weltkrieg bis heute beschrieben. Die erschütternde Feststellung ist, dass sich ein „Versteinerungs-Trend“ in den Hausgärten ausbreitet. Den Eigentümern fehlt es meist an Wissen und Zeit, ihre Grünflächen zu hegen und zu pflegen. Viele Senioren sind körperlich nicht mehr in der Lage, ihr kleines Stück Natur zu bewirtschaften. Um sich die Arbeit zu erleichtern, entsteht ein Garten aus Schotter mit nur sehr wenigen Pflanzen. Doch ist das wirklich pflegeleicht?

Zunächst einmal muss ganz klar festgestellt werden: Einen Garten ohne Pflege gibt es nicht. Und der „Schottergarten“ – so man ihn denn noch als „Garten“ bezeichnen mag – ist durchaus nicht die Gestaltungsvariante mit dem geringsten Pflegeaufwand! Eine Alternative ist ein Staudenbeet mit Schotter- und Kiessubstrat, bei der die Pflanze die Hauptrolle spielt und nicht die Schotterabdeckung.

Was ist was?


Auch wenn sie sich oberflächlich ähneln, haben reine Schotterbeete bzw. Beete mit geringer Bepflanzung und Staudengärten mit Schottersubstrat kaum etwas gemeinsam.

Bei Staudenbeeten (mit den oben genannten Substraten) sollten die oberen 30-40 cm im Idealfall gut durchlässig und stark abgemagert sein. Daher wird der Mutterboden mit Sand und Splitt gemischt oder sogar durch ein Schotter bzw. Kiessubstrat ausgetauscht. Darin werden 5-7 Pflanzen je m² eingebracht, diese überwachsen nicht die ganze Fläche, wirken aber trotzdem dominierend. Eine zusätzliche Mulchabdeckung durch groben Schotter oder Kies in der oberen Schicht schaffen ungünstige Voraussetzungen für das Keimen von Wildkraut-Samen.

Im Gegensatz dazu ist ein Beet mit Schotter- bzw. Kiesabdeckung einfach aufgebaut: Unkrautvlies darunter, Steinschüttung darauf – fertig! Pflanzen können, müssen jedoch nicht sein. Gern werden noch ein oder zwei Formgehölze oder ein Bambus eingepfl anzt, manchmal eine bepflanzte Schale auf der Fläche platziert. Bestimmend sind jedoch die Steine, die gelegentlich sogar in Mustern angeordnet werden.

Wo funktioniert es – wo nicht?


Um Staudenbeete in Schotter- und Kiessubstraten erfolgreich anzulegen, wird grundsätzlich eine offene sonnige Lage sowie nährstoffarmes und wasserdurchlässiges Substrat in den oberen Bodenschichten benötigt. Der Aufwuchs unerwünschter Pflanzen ist dort gering, da die meisten unserer heimischen Wildpflanzen hier nicht überleben können.

Bei einem reinen Schotterbeet spielen die Pflanzen, soweit überhaupt vorhanden, kaum eine Rolle und man könnte solche für sonnige wie für schattige Standorte wählen. Aber Vorsicht! In der Sonne heizen sich die Steine auf und können z. B. bei Buchs oder Koniferen zu Verbrennungen führen. Zudem bilden sich Algen, Flechten und Moose im Schatten, die zwischen und auf den Steinen wachsen. Des Weiteren stellt das von Bäumen herunterfallende Laub ein Problem dar. Zwar stört es optisch zwischen den Stauden wenig, aber durch die Anreicherung von Humus verändert sich mit der Zeit die Zusammensetzung des Substrates, so dass sich die Pflanzenbesiedelung verändern wird.

Bei der reinen Schotter- und Kiesabdeckung stört natürlich jedes Blatt, das auf dieser Fläche liegt, die Optik. Wird es nicht entfernt, stellt sich auch hier der bereits beschriebene Zustand ein: Es entsteht ein Saatbett für Wildkräuter.

Flächen mit starkem Laubeinfall sind alles andere als pflegeleicht. Falllaub kann im ungünstigsten Fall den Pflegeaufwand gegenüber Flächen ohne Schotterabdeckungen sogar stark erhöhen! Denn effektives Unkrautjäten, d. h. das Entfernen der ganzen Pflanze inklusive Wurzel, ist zwischen grobem, scharfkantigem Schotter quasi unmöglich.

„Nichts gedeiht ohne Pflege, und die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert.“

Peter Joseph Lenné

Welche Pflege ist notwendig?


So unterschiedlich die beiden Beetformen sind, so unterschiedlich ist auch die notwendige Pflege. Hier sind ganz klar zwei Bereiche zu trennen: Pflanzen und Steine. Werden Pflanzen ausgewählt, die standortgerecht sind, d. h. Pflanzen für sonnige, trocken-heiße Flächen, dann ist Gießen nur in der Anwachsphase, also im Wesentlichen im ersten Jahr, nötig. Haben die Pflanzen den Wurzelraum erobert, entfällt diese Arbeit. In diesem Fall ist auch kein Pflanzenschutz notwendig, sondern lediglich ein Rückschnitt der Stauden.

Stehen im reinen Schotterbeet zusätzlich Formgehölze, so sind sie durch ein bis zwei Schnitte jährlich in Form zu halten.

Erfahrungsgemäß treten hier auch regelmäßig Schädlinge (Schildläuse, Spinnmilben) auf, die bekämpft werden müssen, da die trocken-heiße Luft über den aufgeheizten Steinen einen Befall fördert.

Das bepflanzte Staudenbeet mit Schotter- und Kiessubstrat bedarf keiner Pflege, da es ähnlich wie Gartenboden keine „Deko-Funktion“ hat. Verändert es seine Farbe z. B. durch Staubanhaftungen, fällt dies nicht weiter auf.

Anders bei den Beeten mit Schotter- und Kiesabdeckung, deren „Schmuckwirkung“ auf dem Aussehen der Steine beruht. Haben sich erstmal Algen, Wildkräuter und Flechten an den Steinen festgesetzt, sind diese nur mit großen Aufwand zu beseitigen. Ohne Reinigungsmaßnahmen sehen die Anlagen ungepflegt aus, weil man den Pflegeaufwand unterschätzt hat: Verrottendes Laub lässt Unkräuter keimen, Algen und Flechten siedeln sich an, Formgehölze „kränkeln“. Die Folge: Das Beet muss neu angelegt werden.

Treffen Sie die richtige Wahl!


Gerade wenn ästhetische Ansprüche sehr hoch sind, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass diese bei einem Beet mit Schotter- und Kiesabdeckung nur mit sehr hohem Arbeitsaufwand über die Jahre zu erfüllen sind. Dies trifft besonders dann zu, wenn die Lage bzw. Umgebung nicht optimal ist.

Es geht auch anders – Vielfalt ist pflegeleicht!


Statt Eintönigkeit, Farb- und Blütenlosigkeit oder Stein-Tristesse sehnen sich die Menschen nach vielfältigen und artenreichen Gärten, die unsere Sinne betören und Balsam für Körper, Geist und Seele sind! Wenn wir die selten gewordenen alten Sorten in Zukunft nicht im Garten-Museum bewundern wollen, dann müssen wir sie jetzt pflanzen – in den eigenen Garten! Statt tonnenweise Steine, Schotter oder Kies gehören Pflanzen in den Garten. Das gelingt auch auf kleinster Fläche beispielsweise mit bunt-blühenden Stauden. Einmal gepflanzt bedecken diese Pflanzen ab dem zweiten Jahr den Boden meist komplett. Und eine alte Gärtnerregel sagt: „Wo die Kulturpflanze wächst, kann kein „Unkraut“ gedeihen.“ Solche Konzepte sind im wahrsten Sinne des Wortes pflegeleicht – und darüber hinaus vielfältig schön und blütenreich-bunt! Natur sucht Garten – und findet ihn bei allen Gartenfreunden.

Tobias Klein
Nach Informationsvorlagen der Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822 e.V.

01.04.2019

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