Vitamine - Einführung
Vitamine sind relativ komplizierte organische Verbindungen, die für den Organismus lebensnotwendig sind. Vitamine sind weder Energieträger, wie z. B. Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße, noch dienen sie dem Gewebeaufbau. Sie sind zur Unterstützung des Zellstoffwechsels in kleinen Mengen erforderlich und als Katalysatoren an fast allen Stoffwechselreaktionen beteiligt – eine einzigartige Eigenschaft der Vitamine im Vergleich zu anderen Nährstoffen. Die meisten Vitamine müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, da sie vom Körper nicht oder nicht bedarfsdeckend synthetisiert werden können, sie sind essentiell. Für Menschen sind von den 20 bekannten Vitaminen 11 essentiell.
Was heißt eigentlich "essentiell"?
Pflanzen können alle organischen Substanzen selber bilden und somit auch alle Vitamine synthetisieren. Pferde und Hunde sind eingeschränkt zur Eigensynthese einiger Vitamine befähigt, wie z. B. den B-Vitaminen und Vitamin K, die im Darm der Tiere durch Darmbakterien gebildet werden, Vitamin C, das über Glucose synthetisiert werden kann, und dem Vitamin D, das durch Sonneneinstrahlung über die Haut entsteht. Auch der Mensch ist in der Lage Vitamin D bei genügender Sonneneinwirkung und Niacin über die Aminosäure Tryptophan zu synthetisieren.
Möglicherweise sind Pflanzen deshalb nicht auf die Zufuhr von Vitaminen angewiesen, weil sie in der Evolution viel früher auftauchten als die Tiere. Um langfristig existieren zu können, mussten sie diese für sie überlebensnotwendigen Stoffe selber herstellen. Der Mensch und die Tiere brauchten dagegen diesen energieverzehrenden Aufwand solange nicht zu betreiben, wie vitaminhaltige Nahrung in Pflanzen und Tieren ausreichend für sie vorhanden war, von deren regelmäßiger Zufuhr sie somit allerdings auch abhängig wurden.
Dafür spricht, dass trotz der erwiesenen Fähigkeit zur Eigensynthese bestimmter Vitamine bei Pferden und Hunden, diese Vitamine dennoch über die Nahrung zugefüttert werden sollten.
Beispiel Vitamin C: Während der Frühjahrs- und Sommermonate bietet die Natur eine große Vielfalt an Vitamin C-haltigen Pflanzen, Kräutern und Früchten, die den Pferden als Nahrung zur Verfügung stehen und ihren Vitamin C-Bedarf decken, also ohne eigenen Energieaufwand.
Gemäß immer wiederkehrender Behauptungen kann Vitamin C vom Pferd stets bedarfsdeckend synthetisiert werden – auch bei stärkeren Stoffwechselbelastungen, wie Fellwechsel, Stress-Situationen, Rekonvaleszenz nach Erkrankungen.
Das muss bezweifelt werden.
Entwicklungsgeschichtlich gesehen macht es für keinen Organismus Sinn, den energieaufwendigen Weg der Eigensynthese zu gehen, sondern die bequemere, energiesparende Richtung über die Nahrungsaufnahme zu wählen. Da den Pferden heutzutage allerdings nicht mehr die für sie notwendige Nahrungsgrundlage an Pflanzen, Kräutern, Früchten und Rinden zur Verfügung steht, sollte eine angemessene Vitaminzufuhr über das Futter erfolgen. Hierzu eignen sich vor allem Hagebutten und andere Beeren oder auch Extrakte z.B. aus Acerolakirsche und Sanddorn.
Fettlöslich - wasserlöslich
Die klassische Einteilung der Vitamine erfolgt in fettlösliche und wasserlösliche Vitamine. Die Aufnahme und Verwertung der fettlöslichen Vitamine ist wie bei den Fetten, die Ausscheidung der Stoffwechselendprodukte geschieht mit dem Kot. Die Aufnahme der meisten wasserlöslichen Vitamine erfolgt dagegen passiv über den Dünndarm, die Ausscheidung über den Urin.
Im Überschuss aufgenommene fettlösliche Vitamine können in der Leber gespeichert werden. Die öfter aufgestellte Hypothese, Pferde könnten die über die Sommermonate aufgenommenen fettlöslichen Vitamine im Körper als ausreichenden Speicher für den Winter anlegen, muss angezweifelt werden: Dies funktioniert nur bei einem intakten Darm mit gesunder Darmflora und dadurch ermöglichtem gesunden Stoffwechsel, den viele Pferde in der heutigen Zeit jedoch nicht mehr haben.
Die Möglichkeit einer Hypervitaminose (Überangebot an Vitaminen) mit u. U. toxischen Anreicherungen ist bei fettlöslichen Vitaminen deutlich größer als bei den wasserlöslichen Vitaminen. Die Wasserlöslichen können – bis auf Cobalamin – nicht gespeichert werden. Dennoch kann sich eine über die Bedarfsdeckung hinausgehende Aufnahme wasserlöslicher Vitamine negativ auf den Stoffwechsel auswirken.
Fettlösliche Vitamine
Vitamin A (Retinol und Retinylester)
Vitamin D (Calcitriol)
Vitamin E (Tocopherol)
Vitamin K (K1 Phyllochinon, K2 Menachinon)
Wasserlösliche Vitamine
Vitamin B1 (Thiamin)
Vitamin B2 (Riboflavin)
Vitamin B3 (Niacin = Nicotinsäure und Nicotinamid)
Vitamin B5 (Pantothensäure)
Vitamin B6 (Pyridoxine, Pyridoxal, Pyridoxamin)
Vitamin B7 (Biotin)
Vitamin B9 (Folsäure)
VitaminB12 (Cobalamin)
Vitamin C (Ascorbinsäure)
Provitamine als biologische Vorstufen der Vitamine müssen im Körper in Vitamine umgewandelt werden, um die entsprechende Wirkung entfalten zu können. Provitamine sind z. B. die von Pflanzen gebildeten Beta-Carotine, die durch das Tier oder den Menschen in Vitamin A (Retinol) umgewandelt werden.
Dr. Frauke Garbers, Biologin
Bildergalerie
Vorheriger Artikel Nächster Artikel "Alpha-Linolensäure (ALA)"
Zurück zur Übersicht