Kokosfett Teil 2

Freie Radikale

Illustration freie Radikale

Freie Radikale


Nanu, politischer Extremismus? Selbstverständlich nicht. Aber was versteht man dann unter freien Radikalen?

Reaktionsfreudige Atome bzw. Moleküle, die als  Zwischenprodukte von zahlreichen Stoffwechselprozessen im menschlichen und tierischen Organismus entstehen. Hört sich nicht sonderlich besorgniserregend an …

Jedoch: Freie Radikale zerstören Fettsäuren, Proteine und DNA. Alle menschlichen und tierischen Zellen entwickeln weitverzweigte Membransysteme – als Abgrenzung der kompliziert geformten Stoffwechselräume innerhalb jeder Zelle gegen die umgebende Grundsubstanz der Zelle. Freie Radikale sind verantwortlich für die Schädigung und Zerstörung der Membranen von Zellen, Zellkernen, Mitochondrien (Energie liefernde „Kraftwerke“ der Zellen) und anderen Zellorganellen! Und damit sind sie Ursache für Funktionseinschränkungen bzw. Untergang von Gewebe. Hormonfunktionen, Stoffwechsel regulierende Enzyme (Enzyme sind immer Proteine) und Antikörper des Immunsystems werden in Mitleidenschaft gezogen. „Alterserscheinungen“ wie rheumatische Erkrankungen, Altersdiabetes oder chronische Entzündungen und Krebs sind vorprogrammiert. Gelenkprobleme, Knorpelschäden, Arthrose (Spat beim Pferd!), Schädigungen innerer Organe wie Leber, Niere, Darm, Bauchspeicheldrüse, Lunge und Bronchien bzw. des äußeren Organs Haut können auf das Konto freier Radikale gehen. Alle genannten Erkrankungen oder Symptome finden sich mehr oder weniger gehäuft bei unseren Haustieren Hund, Pferd und auch bei der Katze (siehe Artikel Oxidativer Stress - der heimliche Killer)!

Eine zentrale Rolle bei der Bildung freier Radikale spielt Sauerstoff: Stoffwechselreaktionen, die Sauerstoff benötigen und verbrauchen – d. h. alle Energie liefernden Prozesse – führen zur Entstehung aggressiver Sauerstoffradikale. Diesen Radikalen fehlt ein Elektron in der äußeren Atomhülle. Stattdessen befindet sich dort mindestens ein ungepaartes Elektron mit chemisch sehr instabilen und reaktionsfreudigen Eigenschaften: Das freie Radikal entreißt dem nächstbesten benachbarten Molekül das ihm fehlende Elektron – das „bestohlene“ Molekül wird selbst zum freien Radikal. Eine gefährliche Kettenreaktion kommt in Gang. Intakte Strukturen werden angegriffen (s.o.).

Ein freies Radikal zeigt im Vergleich zum ursprünglichen Molekül veränderte physikalische und chemische Eigenschaften: Es greift bevorzugt Lipide der Zellmembranen an, denn die Membranlipide sind als mehrfach ungesättigte Fettsäuren mit instabilen Bindungen hochgradig anfällig für Oxidationen (Verlust eines Elektrons bzw. Aufnahme von Sauerstoff).

Freie Radikale greifen nicht nur Fette in Zellmembranen und somit das gesamte Körpergewebe und alle Organe an, sondern gleichermaßen Fette und Fettsäuren in Lebensmitteln: Freie Radikale als Ursache für das Verderben und Ranzigwerden von Fetten und fettlöslichen Vitaminen in der menschlichen Nahrung und in tierischen Futtermitteln - ein extrem gesundheitsgefährdender Zustand!

Im Übermaß vorhandene Radikale (Oxidativer Stress) führen zu negativen Veränderungen an den Zellmembranen bis hin zum Tod der Zelle. Allerdings: Die Bildung freier Radikale liegt in der Natur der Sache, denn in jedem Organismus läuft dieser Prozess natürlicherweise ab. Bei allen Stoffwechselprozessen, sogar bei der Immunabwehr. Die angriffslustigen freien Radikale stürzen sich nämlich nicht nur auf gesunde Körperzellen, sondern ebenso gerne auf Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten, alternde Zellen und Krebszellen!

Schaden - und Nutzen!

Hier zeigt sich das Janusgesicht der freien Radikale: Zum einen Gesundheitsbeeinträchtigung des Körpers, zum anderen Unterstützung und Stärkung desselben!

Körpereigene Quellen für die Entstehung freier Radikale sind u. a. alle Sauerstoff zehrenden Vorgänge innerhalb der Mitochondrien zum Zwecke der Energiegewinnung. Aus diesem Grund sind die Mitochondrien, in jeder Körperzelle in großer Anzahl vorhanden, eben auch extrem anfällig für die Schädigung durch freie Radikale! Letztere entstehen z. B. bei Entgiftungsprozessen in der Leber. Im Rahmen immunologischer Prozesse bilden spezielle Immunzellen (Makrophagen) freie Radikale zum Abbau von Bakterien, Viren, Pilzen, Parasiten.

Der Körper ist grundsätzlich in der Lage, freie Radikale zu neutralisieren, sich vor ihnen zu schützen: Durch mit der Nahrung aufgenommene sog. Antioxidanzien. Solche Radikalfänger sind beispielsweise Vitamin A, C und E, Carotinoide und sekundäre Pflanzenstoffe wie z. B. Flavonoide. Auch körpereigene Antioxidations-Systeme schreiten erfolgreich gegen ein Zuviel an freien Radikalen ein, z. B. Enzyme wie die Glutathion-Peroxidase und die Superoxid-Dismutase.

Eine mäßige, kurzzeitige Belastung des Körpers durch freie Radikale stimuliert und „trainiert“ die Ausbildung antioxidativer Systeme. Im Klartext: Stärkung der Abwehrkräfte! Diese Tatsache gilt es im Grunde in aller Konsequenz bei Krebserkrankungen zu berücksichtigen. Denn um Tumorzellen zu bekämpfen, ist offensichtlich ein angemessenes Quantum freier Radikale hilfreich.

Heutige Lebensumstände und Ernährung von Mensch und Tier provozieren hingegen einen Überhang an freien Radikalen, machen dem Körper oxidativen Stress. Das Gleichgewicht zwischen freien Radikalen und den Radikal fangenden Antioxidantien wird gestört. Ursachen für die vermehrte Bildung freier Radikale sind z. B. Stress, übermäßige körperliche Belastung und auch Bewegungsmangel. Dieser kann unter Umständen zu einer Inaktivierung von Antioxidantien führen und somit indirekt die Ausbreitung freier Radikale im Körper fördern.  Weitere Quellen für oxidativen Stress sind Schimmelpilz- oder Pestizidbelastung des Futters und der menschlichen Nahrung, Mineralstoff- und/oder Vitaminmangel, Sauerstoffmangel, Medikamente (z. B. Entwurmungsmittel, Antibiotika), Futtermittelzusatzstoffe (synthetische Vitamine u. a.), Rauchen. Pro Zigarettenzug gelangen ca. 1014 (100 Billionen) bis 1015 (1 Billiarde) freie Radikale in die Lunge – eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität insbesondere für Hunde, Katzen und Kinder in Raucherhaushalten. Und Pferden sollte man in Kenntnis dieser Zahlen auch nicht unbedingt den Qualm in die Nüstern blasen – während des angeregten Gesprächs mit dem Raucherkollegen …

Besonderes Gefahrenpotenzial - pflanzliche Öle

Zu guter Letzt: Pflanzliche Öle, insbesondere industriell verarbeitete, raffinierte Pflanzenfette, gehören vermutlich zu den gesundheitsgefährdensten Substanzen in der Nahrung von Pferd, Hund, Katze und Mensch!

Die instabilen Doppelbindungen der Pflanzenöle leiten die Kettenreaktion der Elektronen-Räuberei ein! Freie Radikale in millionenfacher Zahl können sich ungehindert ausbreiten und massive Gesundheitsschäden verursachen. Ungehindert, weil den pflanzlichen Ölen im Zuge der chemischen Verarbeitung ihre natürlichen Antioxidantien entzogen worden sind. Keine Chance zur Neutralisation der Radikale! Die Folge: Ranzige Öle im Tierfutter – und in der menschlichen Industrienahrung, im Fast Food.

Pflanzenöle werden einer Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Pferdemüslis sowie industriellen Hunde- und Katzenfuttersorten zugesetzt. Sicherlich keine teuren, qualitativ hochwertigen Öle, sondern billige, raffinierte Industrieöle. Zudem entstehen bei der üblichen Produktion und Erhitzung der pflanzlichen Öle gefährliche Transfette!

In diesem Zusammenhang sind das hochgelobte Leinöl ebenso wie Leinexpeller, Leinextraktionsschrot oder gemahlene Leinsamen, die oftmals Pferdemüslis zugesetzt werden, als problematisch zu betrachten: Das prinzipiell sehr günstige Omega 6: Omega 3-Fettsäureverhältnis (zwischen 6:1 und 3:1) bewirkt einen schnellen Verderb des Öls: Denn in Relation zu der sehr hohen Konzentration chemisch instabiler mehrfach ungesättigter Fettsäuren (α-Linolensäure = Omega-3-Fettsäure) weist Leinöl einen geringen Gehalt an Vitamin E in Form von α-Tocopherol auf, das als natürliches „Radikal-Schutzvitamin“ gilt.

Ein weiterer gesundheitsbeeinträchtigender Faktor: Die feine Verteilung des Leinöls oder auch anderer Pflanzenöle im Pferdemüsli über eine riesige Oberfläche bietet sich für die Zerstörung der Pflanzenfette durch Luftsauerstoff regelrecht an! Und man riecht es nicht und das Pferd schmeckt es nicht aufgrund der Zusatzstoffe im Futter …

Wo ist der rote Faden zum Kokosfett?

Kokosfett zeichnet sich als gesättigtes Fett durch hohe chemische Stabilität und geringe Oxidationsneigung aus – eine klare Abgrenzung zu allen anderen pflanzlichen Ölen (außer Palmöl und Palmkernöl)! Seine Widerstandskraft gegenüber den Attacken der freien Radikale macht es sozusagen selbst zum Antioxidanz. Das Ranzigwerden anderer Pflanzenöle kann somit offenbar durch Kokosöl verhindert werden! Dies ist jedoch kein Plädoyer dafür, gewohnheitsmäßig kommerzielles, mit minderwertigen Pflanzenölen versetztes Fertigfutter zu verfüttern. Stattdessen sollte man Pferden, Hunden und Katzen eine grundsätzlich artgerechte Ernährungsbasis schaffen.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Dieser Artikel gehört zu unserer Serie über Kokosfett

Teil 1 - Der Krieg gegen Tropenöle
Teil 2 - Freie Radikale
Teil 3 - Kokosfett für die Haut
Teil 4 - Kokosfett und die Verdauung
Teil 5 - Kokosöl und Parasiten

Quellen

http://www.mmnews.de: Freie Radikale und Krebs

https://www.centrosan.com: Funktion und Nutzen von Mikro-Nährstoffen

Fife, B. (2014): Kokosöl. Das Geheimnis gesunder Zellen. KOPP-Verlag, Rottenburg

Koecke, H.U. (1977): Allgemeine Biologie für Mediziner und Biologen. Schattauer, Stuttgart, New York

05.09.2017

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