Vitamin B6

100 g Walnüsse enthalten 0,87 mg Vitamin B6Vitamin B6, das Ende der 1930er Jahre entdeckt wurde, ist eine Sammelbezeichnung für mehrere gleichartig wirkende Verbindungen. Zu ihnen gehören Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin und ihre phosphorylierten Metabolite (Stoffwechselabkömmlinge) PNP, PLP (auch P5P) und PMP. Sie wirken als Coenzyme überwiegend im Aminosäurestoffwechsel (Abbau und Umbau von Proteinen aus der Nahrung). Die biologisch aktiven Formen des Vitamin B6 sind PLP und PMP.

Dieses Vitamin ist licht- und hitzeempfindlich.

Pferde und Hunde können Vitamin B6 im Darm selber bilden.

Vitamin B-Komplex
Die zur B-Gruppe gehörenden Vitamine sind wasserlöslich und wurden ursprünglich wegen gleichartigen Vorkommens in der Nahrung und wegen ähnlicher Stoffwechselfunktionen zusammen klassifiziert. Zu ihnen gehören: Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B5 (Pantothensäure), Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin), Vitamin B7 (Biotin), Vitamin B9 (Folsäure) und Vitamin B 12 (Cobalamin).

Vorkommen

Vitamin B6 ist in tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln weit verbreitet. Die Bioverfügbarkeit aus tierischen Nahrungsquellen ist größer als die aus pflanzlicher Nahrung. Reich an Vitamin B6 sind Leber, Hühner- und Schweinefleisch, Rindfleisch, Fisch, Walnüsse, Blumenkohl, Weizenkeime, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Bananen und Hefe.

Aufnahme und Verwertung

Vitamin B6 wird im gesamten Dünndarm durch passive Diffusion aufgenommen. Nach der Resorption über die Darmschleimhaut erfolgt der Weitertransport über Blut und Lymphe zur Leber. In der Leber werden durch Oxidation PLP und PMP – die beiden biologisch aktiven Coenzymformen des Vitamin B6 – gebildet. 80% des im Körper zurückgehaltenen Vitamin B6 werden als enzymgebundenes PLP in der Muskulatur gespeichert. Die Ausscheidung über die Nieren erfolgt hauptsächlich als Pyridoxinsäure.

Pferde zeigen eine Besonderheit im Vitamin-B6-Stoffwechsel: Das aktivierte Coenzym PLP wird ausschließlich von Darmsymbionten im Dickdarm gebildet und kann nicht in der Leber synthetisiert werden.

Wirkung

Vitamin B6 in der Coenzymform des PLP ist an ca. 100 enzymatischen Reaktionen überwiegend im Aminosäurestoffwechsel beteiligt. Außerdem erfüllt es wichtige Funktionen

  • im Fettsäurestoffwechsel
  • im Nukleinsäurestoffwechsel (Aufbau der DNS und RNS)
  • bei der Synthese von Neurotransmittern (Nervenbotenstoffen) wie z. B. Serotonin und Dopamin
  • bei der Hämoglobinsynthese über die coenzymatische Bildung der δ-Aminolävulinsäure (Synthese des eisenhaltigen Blutfarbstoffs)
  • bei Entgiftungsprozessen in der Leber
  • im Kohlenhydratstoffwechsel durch Abbau von Glykogen („tierische Stärke“)
  • bei der Bildung von Gewebshormonen (Östrogene, Androgene, Progesterone)
  • für das Immunsystem

Enge Wechselwirkungen bestehen zwischen Vitamin B2, Vitamin B6, Vitamin C und Niacin: Ein Niacin- oder auch ein Vitamin-B2-Mangel kann die Umwandlung von Vitamin B6 in seine aktive Form PLP oder PMP stören und ebenso die Umwandlung von Tryptophan in Niacin hemmen. Bei einem Vitamin-C-Mangel wird Vitamin B6 vermehrt mit dem Urin ausgeschieden.

Bedarf und Mangelerscheinungen

Aufgrund seiner zentralen Rolle im Aminosäurestoffwechsel ist der Bedarf an Vitamin B6 abhängig von der Proteinzufuhr über das Futter. Ein erhöhter Bedarf besteht während Trächtigkeit, Stillzeit und Wachstum, bei hohem Eiweißgehalt im Futter, hoher Leistungsanforderung, alten Pferden und in der Rekonvaleszenz. Da ein großer Anteil des PLP in der Muskulatur gespeichert wird, hat Vitamin B6 eine besondere Bedeutung für den Muskelaufbau bei entsprechendem Training.

Ein Vitamin-B6-Mangel tritt bei Pferden und Hunden selten auf, weil dieses Vitamin in den Futtermitteln weit verbreitet ist und der Körper über Speicherreserven verfügt. Ein Defizit manifestiert sich eher bei einer Unterversorgung mit anderen Vitaminen der B-Gruppe. Auch eine Störung der Darmflora aufgrund von falscher Fütterung, Wurmkuren und Antibiotikagaben kann zu einer Schädigung der Darmschleimhaut und dadurch zu einer mangelnden Resorption der notwendigen Vitamine führen. Ebenso wird die mikrobielle Eigensynthese des Vitamin B6 bei massiver Störung der Darmflora beeinträchtigt.

Als Mangelsymptome können neurologische Störungen und Nervendegenerationen, Wachstumsstörungen, Krampfanfälle, Depressionen (auch bei Pferden und Hunden), erhöhte Infektanfälligkeit, Magen-Darmstörungen, Dermatitis, Ekzeme, Mund- und Zahnfleischentzündungen und Nierensteine auftreten. Bei schwerem Mangel kann eine Anämie entstehen.

Vitamin B6 hat eine zentrale Bedeutung bei der Entgiftung über die Leber. Eine Vitamin-B6-Unterversorgung kann diese Entgiftungsfunktion blockieren und zu einer Stoffwechselstörung, der KPU (Kryptopyrrolurie, s.u.), führen. Die Pferde und Hunde leiden in Folge an einem Zink-, Selen- oder Manganmangel.

Überdosierungen von Vitamin B6 treten erst bei sehr hohen chronischen Verabreichungen auf und sind dementsprechend selten.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen


Biesalski, H.K. (1997): Vitamine. Bausteine des Lebens, München: Beck
Biesalski, H.K. (2002): Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen, Stuttgart New York: Thieme
Bender, Ingolf, Ritter, Tina Maria (2009): Futter-Lexikon. Pferde, Stuttgart: Kosmos
Case, Linda P.., Carey, Daniel P., Hirakowa, Diane A. (1999): Ernährung von Hund und Katze, Stuttgart New York: Schattauer
Fritz, Christina (2012): Pferde fit füttern, Schwarzenbek Cadmos

Kryptopyrrolurie

Die Kryptopyrrolurie (KPU) ist eine beim Menschen offensichtlich genetisch bedingte Stoffwechselstörung, beim Pferd hingegen eine Entgleisung des Stoffwechsels aufgrund massiver Störung des Darmes und der Darmflora. Die Resorptionsfähigkeit für Vitamin B6 und die Eigensynthese dieses Vitamins durch Mikroorganismen im Darm des Pferdes sind dadurch stark eingeschränkt bzw. unmöglich, so dass als Folge ein Vitamin B-6-Mangel auftritt. Dieser Mangel stört die Entgiftungsprozesse in der Leber: Giftige Zwischenprodukte werden entweder im Bindegewebe des Körpers zwischengelagert (schleichende Vergiftung) oder an die Spurenelemente Zink, Selen, Eisen oder Mangan gekoppelt. Obwohl die Pferde über das Futter ausreichend mit Spurenelementen versorgt sind, kommt es dann zu einem schleichenden Spurenelementemangel. Die unzureichende Entgiftung bei gleichzeitig gestörtem Spurenelementhaushalt verursacht eine große Bandbreite von Krankheitssymptomen, wie z. B. Leber- und Nierenprobleme, Ekzeme, Mauke, Hufrehe, wiederkehrende Koliken, häufige Sehnen- und Bänderschäden usw. Die sinnvolle Therapie bei dieser Stoffwechselstörung: Darmsanierung und Optimierung der Fütterung!

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