Vitamin B1 (Thiamin)
Zusammenfassung
Vitamin B1 (Thiamin) wird im Volksmund auch Nervenvitamin oder Stimmungsvitamin genannt. Thiamin wurde im Zusammenhang mit der Beriberi-Krankheit beim Menschen in ostasiatischen Ländern bekannt. Pferde und Hunde können Vitamin B1 mittels Bakterien im Dickdarm selbst herstellen.
Pflanzliche Vitamin-B1-Lieferanten sind z. B. Bierhefe, Weizenkeime, Vollkornprodukte (Vitamin B1 befindet sich in den Randschichten der Getreidekörner), Hülsenfrüchte, Nüsse, Grünfutter, Sojamehl, Fenchel und Löwenzahn. Tierische Futtermittel mit hohem Thiamin-Gehalt sind z. B. Schweinefleisch, Rindfleisch, Geflügel, Herz, Niere und Leber.
Es spielt als Koenzym eine bedeutende Rolle
- im Kohlenhydratstoffwechsel zur Energiegewinnung
- im Eiweißstoffwechsel für einige Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin)
- für das zentrale (Gehirn und Rückenmark) und periphere Nervensystem. Vitamin-B1-abhängige Enzyme schützen die Nervenfasern vor der Zerstörung ihrer Markscheiden und regulieren die Nervenleitfähigkeit
Koenzyme (Kofaktoren) sind Moleküle oder Molekülgruppen, die zusammen mit einem Enzym Stoffwechselreaktionen ermöglichen.
Die Fähigkeit zur Eigensynthese von Thiamin ist abhängig von einer gesunden Darmflora und Darmschleimhaut der Pferde und Hunde. Der Thiaminbedarf wird jedoch offenbar nicht allein über die Dickdarmsymbionten gedeckt. Die Vitaminaufnahme über das Futter spielt bzgl. der Bedarfsdeckung eine ebenso entscheidende Rolle. Hunde sind bei einer gemischten Fütterung mit Fleisch, Leber, Herz, Gemüsen, verschiedenen Vollkorngetreiden und Kartoffeln, Eiern oder Haferflocken ausreichend versorgt. Pferde, insbesondere Pferde im Hochleistungssport, deren Kraftfutteranteil hoch und Raufutterration eher niedrig bemessen ist, haben einen erhöhten Thiaminbedarf. Weiterhin ist der Thiaminbedarf bei trächtigen Tieren, bei alternden Pferden und Hunden (grundsätzlich höherer Vitaminbedarf) und besonderen Anforderungen an das Immunsystem erhöht. Nach Antibiotikagaben oder Wurmkuren kann von einer Zerstörung der Darmflora ausgegangen werden, so dass die Pferde und Hunde auch in diesem Fall vermehrt Thiamin benötigen.
Mangelerscheinungen sind z. B. Leistungsschwäche, Fressunlust, nervöse Reaktionen, Krämpfe, Hinterhandlähmungen, Skelettmuskelschwund, Herzfunktionsstörungen, Ödeme (angelaufene Beine), Koprophagie (Kotfressen).
Überdosierungen sind zwar aufgrund der Wasserlöslichkeit dieses Vitamins offensichtlich gut tolerierbar, sollten aber dennoch zugunsten einer ausgewogenen Fütterung bei gesundem Darm vermieden werden.
Der Vitamin-B-Komplex
Die zur B-Gruppe gehörenden Vitamine sind wasserlöslich und wurden ursprünglich wegen gleichartigen Vorkommens in der Nahrung und wegen ähnlicher Stoffwechselfunktionen zusammen klassifiziert. Zu ihnen gehören: Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B5 (Pantothensäure), Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin), Vitamin B7 (Biotin), Vitamin B9 (Folsäure) und Vitamin B12 (Cobalamin).
Allgemeines
Vitamin B1 (Thiamin) ist eines der zuerst entdeckten Vitamine. Es spielt als Koenzym eine wichtige Rolle für das Nervensystem, im Kohlenhydrat- und damit im Energiestoffwechsel und bei der Gewebesynthese.
Pferde und Hunde sind zur Eigensynthese mittels Bakterien im Dickdarm befähigt. Es werden jedoch nur geringe Mengen resorbiert. Als wasserlösliches Vitamin ist es nur in kleinem Umfang in Leber, Niere und Herz speicherbar. Nach ca. 14 Tagen sind ungefähr 50% der Thiaminspeicher abgebaut und verbraucht.
Bekannt wurde Thiamin im Zusammenhang mit der in ostasiatischen Ländern vorkommenden Vitamin-B1-Mangelerkrankung, der Beriberi-Krankheit beim Menschen. Aufgrund überwiegender Ernährung mit geschältem Reis (Vitamin B1 befindet sich in den Randschichten der Reiskörner) kommt es zu Mangelerscheinungen wie Appetitlosigkeit, Muskelschwund, Nervenstörungen, Lähmungen.
Vitamin B1 ist hitzeempfindlich und instabil gegenüber Licht und Luft. Beim Kochen werden bis zu 40% des Thiamins zerstört bzw. gelangen in das Kochwasser.
Vorkommen
Thiamin kommt in vielen pflanzlichen und tierischen Organismen vor. Pflanzliche Vitamin-B1-Lieferanten sind z. B. Bierhefe, Weizenkeime, Vollkornprodukte (Vitamin B1 befindet sich in den Randschichten der Getreidekörner), in Hülsenfrüchten, Nüssen, in Grünfutter, Sojamehl, Fenchel und Löwenzahn. Tierische Futtermittel mit hohem Thiamin-Gehalt sind z. B. Schweinefleisch, Rindfleisch, Geflügel, Herz, Niere und Leber.
Aufnahme und Verwertung
Die Resorption des Vitamin B1 erfolgt im vorderen Dünndarm. Folsäure-Mangel vermindert die Vitamin-B1-Resorption, Magnesium-Mangel beeinträchtigt die Umwandlung des Vitamin B1 in seine biologisch aktive Form. Nach der Aufnahme wird es relativ schnell in die Organe und Gewebe verteilt. Besonders der Herzmuskel weist aufgrund seines hohen Energieumsatzes eine stärkere Thiaminkonzentration auf. Auch Leber, Niere und Gehirn enthalten höhere Konzentrationen. Bei Verfütterung von allicinhaltigen Zwiebeln oder Knoblauch entsteht eine fettlösliche Thiaminverbindung. Ihre Wirksamkeit entspricht der des Vitamin B1. Diese Verbindung wird jedoch besser resorbiert, ist allerdings sehr instabil. Die Ausscheidung des Vitamin B1 ist abhängig von der Höhe der Aufnahme: Bei physiologischen (den normalen Lebensvorgängen entsprechend angepassten) Futtermengen wird nicht resorbiertes Thiamin über den Urin ausgeschieden, bei therapeutischer (erhöhter, zu Heilungszwecken gegebener) Zufuhr erfolgt die Ausscheidung nicht resorbierten Thiamins über den Kot.
Wirkung
Vitamin B1 hat als Koenzym eine große Bedeutung
- im Kohlenhydratstoffwechsel zur Energiegewinnung
- im Eiweißstoffwechsel für einige Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin)
- für das zentrale (Gehirn und Rückenmark) und periphere Nervensystem. Vitamin-B1-abhängige Enzyme schützen die Nervenfasern vor der Zerstörung ihrer sogenannten Markscheiden. Sie regulieren die Nervenleitfähigkeit und neuromuskuläre Übertragung durch Einflussnahem auf Neurotransmitter (z. B. Acetylcholin)
Bedarf und Mangelerscheinungen
Der Vitamin B1-Bedarf bei Pferden und Hunden hängt zum einen von der Stoffwechselaktivität der Tiere ab, zum anderen von dem jeweiligen Kohlenhydratangebot über das Futter: Mit zunehmender Kraftfutterration z. B. beim Pferd steigt der Bedarf an Vitamin B1. Pferde im Hochleistungssport benötigen eine größere Menge Thiamin: Wegen der kraftfutterreichen und rohfaserarmen Rationen ist ihre Kohlenhydratzufuhr deutlich erhöht. Dies kann zu einer Veränderung der Darmflora mit nachfolgender Darmschleimhautschädigung führen, wodurch die Eigensyntheseleistung der Dickdarmbakterien für Vitamine eingeschränkt wird. Auch die Resorption von Vitaminen und natürlich allen anderen Vital- und Nährstoffen über die Darmschleimhaut ist unter diesen Umständen beeinträchtigt.
Für Hunde ist bei einer gemischten Fütterung mit Fleisch, Leber, Herz, Gemüsen, verschiedenen Vollkorngetreiden und Kartoffeln, Eiern oder Haferflocken keine Unterversorgung zu befürchten. Auch hier gilt als Voraussetzung einer ausreichenden Thiaminversorgung und -resorption ein gesunder Darm! Indikationen für eine zusätzliche Zufuhr über natürliche Vitamin-B1-haltige Futtermittel oder Kräuter sind z. B. eingeschränkte Futteraufnahme im Krankheitsfall über einen längeren Zeitraum als 14 Tage, Verdauungsstörungen mit Schädigung der Darmflora und Darmschleimhaut (z. B. nach Antibiotikumgaben, Wurmkuren), bei Trächtigkeit und während des Wachstums, bei alternden Pferden (erhöhter Vitaminbedarf) und zur Stärkung des Immunsystems.
Zuckerhaltige Futtermittel sind grundsätzlich problematisch, da für die Verstoffwechselung von Zucker viel Thiamin verbraucht wird. Auch roher Fisch (Karpfen, Kabeljau, Hering) in der Hundefütterung beeinträchtigt den Thiaminstoffwechsel: Roher Fisch enthält Thiaminase, ein Enzym, das Vitamin B1 abbaut und zerstört. Dieses Enzym bleibt auch beim Gefrierprozess (in tiefgekühltem Fisch) erhalten und kann das Vitmin B1 weiter abbauen. Es ist allerdings nicht im Lachs enthalten, der somit als Hundenahrung in dieser Hinsicht unproblematisch ist.
Für Pferde sind in diesem Zusammenhang die thiaminasehaltigen Adlerfarne und der Sumpfschachtelhalm relevant.
Mangelerscheinungen sind z. B. Leistungsschwäche, Fressunlust, nervöse Reaktionen, Krämpfe, Hinterhandlähmungen, Skelettmuskelschwund, Herzfunktionsstörungen, Ödeme (angelaufene Beine), Koprophagie (Kotfressen).
Überdosierungen sind zwar aufgrund der Wasserlöslichkeit dieses Vitamins offensichtlich gut tolerierbar, sollten aber dennoch zugunsten einer ausgewogenen Fütterung bei gesundem Darm vermieden werden.
Dr. Frauke Garbers, Biologin
Quellen
Biesalski, H.K. (1997): Vitamine. Bausteine des Lebens, München: Beck
Biesalski, H.K. (2002): Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen, Stuttgart New York: Thieme
Bender, Ingolf (2008): Praxishandbuch Pferdefütterung, Stuttgart: Kosmos
Case, Linda P.., Carey, Daniel P., Hirakowa, Diane A. (1999): Ernährung von Hund und Katze, Stuttgart New York: Schattauer
Frey, H.H., Löscher, W. (2010): Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin, Stuttgart: Enke
www.tierarzt-homoeopathie.de
www.qualimedic.de
www.planet-wissen.de
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