Fertigfutter für Hunde

Trockenfutter für Hunde - hübsch bunt, aber gesund?In einem umfangreichen Text der „Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz“ (www.tierschutz-tvt.de) – ein vielversprechender Name – las ich folgendes:

„…. traten bei ausschließlich mit Fertigfutter ernährten Hunden weniger Magen-Darm-, Haut- und Nierenerkrankungen sowie Entwicklungsstörungen auf als bei ihren mit selbst hergestellten Rationen gefütterten Artgenossen. Mit Fertigfutter ernährte Zuchthündinnen zogen dieser Studie zufolge im Durchschnitt mehr lebende Welpen pro Wurf auf.“

Gemeint sind da doch wohl Trockenfutter, insbes. extrudierte Trockenfutter, auf die ich heute eingehe. Das sind die Futter, die zu einem undefinierbaren Brei zerfließen, wenn sie länger in Wasser liegen. Probieren Sie es aus!

Wenn man die beeindruckenden Ergebnisse dieser Studie liest, wird man neugierig und wüsste gerne, wer diese Untersuchungen durchgeführt und wer sie finanziert hat. Leider Fehlanzeige. Das steht nicht dabei, es wird nur behauptet. Wer sich mit der Ernährung der Hunde und den verschiedenen Futterangeboten intensiv beschäftigt, stellt sich hier doch die Frage: Was will uns diese Tierärztliche Vereinigung denn mitteilen?

Es ist doch klar, wenn man von vornherein behauptet, dass die vielen Hautschäden, die angeblichen Allergien, unerträglicher Juckreiz, die Dysplasien bei jungen Hunden, die Gelenkschäden bei älteren Hunden, die sich häufenden Diabetesfälle und die Tumorerkrankungen mit den Futtern nichts zu tun haben können, wird man die Ursachen auch sicher nicht bei den Futtern, sondern woanders suchen. Dann kommt man zwangsläufig zu diesem positiven Ergebnis und diese Aussage erscheint richtig. Das soll nun nicht heißen, dass alle diese Erkrankungen auf das Futter zurückzuführen sind. Es ist so ähnlich wie mit den Impfungen. Verneint man von vornherein, dass Impfungen überhaupt für irgendwelche gesundheitlichen Folgeschäden verantwortlich sein können, z. B. Epilepsie, kriegt man immer das passende erwünschte Ergebnis.

Tierärzte als Futterhändler

Jetzt erinnert man sich, dass die (inzwischen) meisten Tierärzte im Hinterzimmer umfangreiche Angebote an Trockenfuttern in allen Variationen anbieten und ihre Fütterungsempfehlungen nach den Ratschlägen der Trockenfutterindustrie verbreiten, und dass viele von ihnen jede andere Ernährungsform, insbes. das Barfen, als unausgewogen oder sogar gefährlich verteufeln.

Wer zu diesen „Futterhändlern im Arztkittel“ gehört, wird die oben zitierten angeblich gesicherten Erkenntnisse voll und ganz und auch dankbar unterschreiben und verbreiten. Beste Werbung. Und man kann mit völlig ruhigem Gewissen die Futter als optimal und „artgerecht“ verkaufen, teilweise sogar mit dem Siegel „biologisch“ versehen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein Schelm, der dem ethisch hochangesiedelten Tierschutz, hier durch Tierärzte vertreten, Gewinnabsichten unterstellt. Wer allerdings das Buch von Dr. Hans-Ulrich Grimm „Katzen würden Mäuse kaufen“ oder das von Dr. Jutta Ziegler „Hunde würden länger leben“ gelesen hat oder einen Artikel im Spiegel mit der Überschrift „Maskierter Müll“, kommt da schnell auf einen ganz anderen Gedanken: Hier werden Werbeargumente für den Verkaufserfolg geliefert. Wahrlich ein geschicktes Werbekonzept für Tierärzte, zumindest solange, wie die Hundehalter sich davon beeindrucken lassen.

Was sind Alleinfuttermittel?

Handelsübliches TrockenfutterLaut Gesetz sind das Futtermittel, welche die Tiere, abhängig von ihrer Art, ihrem Alter und der Nutzungsrichtung mit allen notwendigen Nährstoffen versorgen. Darauf möchte sich der Hunde- oder Katzenhalter verlassen können, wenn er ein Fertigfutter kauft, denn er liest ja, dass alle lebensnotwendigen Stoffe in der richtigen Menge enthalten sind, und bekommt vielleicht auch noch vom Fachverkäufer oder Tierarzt genau das bestätigt.

Warum sollte er noch zweifeln, damit den richtigen Weg für sein geliebtes Tier eingeschlagen zu haben? Wird Hund oder Katze trotz dieser erstklassigen Ernährung und damit wider alle Erwartungen krank, leidet z. B. an einem Leckekzem und quält sich mit unerträglichem Juckreiz, wird der„Fachmann“ oder die „Fachfrau“ ein anderes passendes Trockenfutter empfehlen, das nun angeblich genau dem Bedarf dieses leidenden Tieres entsprechend, alle Stoffe in richtiger Zusammensetzung liefert. Das ist oft sehr verwunderlich, denn meist wurde vorher auch ein Fertigfutter gefüttert, das dann ja wohl nicht ganz das richtige gewesen sein kann, oder lag es daran, dass zuvor eine andere, dann schlechtere Marke, gefüttert wurde? Vielleicht denke ich auch falsch und Sie haben eine bessere Erklärung parat?

Haben Sie doch einfach mal Vertrauen!


Alles drin im Futter, bedeutet ja: Nichts anderes mehr nötig, also bequem und beruhigend. Die Verantwortung liegt nun beim Futterhersteller. Haben Sie sich schon mal gefragt, was diese Behauptung „alles drin“ voraussetzt? Zuerst einmal, dass genau bekannt ist, was ein Hund so braucht. Nun gibt’s ja nicht den Hund, sondern viele verschiedene. Da höre ich doch sagen: „Es gibt ja auch alle möglichen genau passenden Fertigfutter“. Ja, so ist es.
Aber wer hat den Bedarf, der dann auch noch so unterschiedlich ist, eigentlich genau untersucht? Woher stammen die Zahlen, wenn es denn überhaupt welche gibt? Wo kann man die Versuchsanordnung nachlesen und überprüfen?

Bekannt ist allerdings, dass Wölfe hoch im Norden Kanadas über Jahre hinweg sich nur von Kleinnagern ernährten. Die Wölfe blieben gesund und pflanzten sich erfolgreich fort. Darüber gab es einen wunderbaren Film im Fernsehen, in dem ein Forscher von seinem Leben mit den Wölfen berichtete. Man kann daraus schließen, dass in den Nagern tatsächlich alles bedarfsgerecht enthalten war, und auch, dass in jedem beliebigen Tier, das als Beute in Frage kommt, alles enthalten ist, was ein Hund so braucht. Von Alleinfutter in Tüten berichtete der Forscher allerdings nichts.

Die Maus als Vorbild für die Fertigfutter

Nun könnte man doch eigentlich im Futter so eine Maus genau nachbilden mit allen in ihr enthaltenen Stoffen. Man könnte die genauen Werte feststellen. Das Prinzip wäre richtig.
Wenn das man so einfach für die Hersteller wäre.
Die Nager wurden ja vor dem Fressen nicht erhitzt auf Temperaturen, die bis über 200° C reichen können, auch keinen extremen Drücken und Scherkräften ausgesetzt, die zu erheblichen Veränderungen an den Molekülen führen können und auch zur Umwandlung von Stärke in Zucker. Die Mäuse enthielten auch keine Stärke aus Getreide, Kartoffel, Banane oder was einem sonst noch so einfallen könnte, in größeren Mengen. Stärke braucht man aber als Schmiermittel für den Extrusionsprozess.

Woraus besteht eigentlich so ein Beutetier? Zuerst einmal aus vielen Billionen, meist lebendigen, Zellen. Dann ist da das Blut, innere Organe, sind Knochen, Sehnen und Bänder, Muskeln, ein vollständiges Nerven- und Immunsystem, auch jede Menge Haare und – nicht zuletzt - ein volles Verdauungssystem. In den anverdauten Pflanzen sind jede Menge Vitalstoffe enthalten, auch aktive Enzyme und natürliche Vitamine, eben einfach alles, was die Wölfe brauchten, um gesund und fruchtbar zu bleiben, und nicht anders ist es beim Hund. Wie nennt man so eine Ernährung? Ganz einfach: artgerecht.

Der Forscher berichtet nicht davon, dass die Wölfe ihre Beutetiere vor dem Fressen seziert und bestimmt Teile aussortiert hätten. Ein Hinweis auch für die Barfer unter Ihnen. Sie wurden mit Haut und Haar und allem dran und drin am Stück gefressen. Viele Hunde/Katzen machen das übrigens ganz genauso, wenn sie dürfen (siehe den Filmbeitrag Barfen). Die Nager waren auch nicht ernährt worden mit anorganischen Mineralien und synthetischen Vitaminen, die hatten doch einfach alles aus der Natur entnommen und sich überhaupt nicht um das geschert, was uns die Wissenschaftler als sichere Erkenntnisse anbieten.
Die Maus kann also den Futterherstellen offensichtlich nicht als Vorbild für ein optimiertes Futter dienen.

Sie ist eben lebendig und nicht künstlich, sie überträgt ihr Leben dem Wolf oder dem Hund, und aus diesem Leben kann sich das Leben der Hunde erhalten.

Und wenn die Bedarfszahlen doch stimmen?

Ja, was dann? Das wäre ja wunderbar, man wäre bei Alleinfuttern immer auf der richtigen Seite, Hunde könnten nicht krank werden, und der große Forscher Linus Pauling, zweifacher Nobelpreisträger, hätte Unrecht gehabt mit seiner Behauptung, dass ein optimal mit allen Stoffen versorgtes Lebewesen nicht krank werden können. Und der nicht weniger berühmte Forscher Michael Marmot hätte ganz sicher dummes Zeug geredet, als er bemerkte: „Medizin ist nur das Versagen der Prävention“. So eine bösartige Bemerkung, denn Alleinfutter sollen ja angeblich die beste Prävention sein.

Stellt sich die Frage: Warum gibt es eigentlich gegenwärtig so viele kranke Hunde und Katzen, so viele an Nierenversagen, an Gelenksproblemen, an Diabetes leidende und an Krebs sterbende – in Amerika sterben 70 % der Hunde an Krebs - dass heute zehnmal mehr Veterinäre benötigt werden als vor etwa 40 Jahren?
Wo ist der Denkfehler?

Bedarfszahlen und Verwertung

Wenn die Bedarfszahlen stimmen und für ein Alleinfutter, genau dem Bedarf entsprechend, abgewogen wird, die Menge an Kalzium, Phosphor, Kalium, Magnesium, Zink - und wie die anderen Mineralien alle heißen - stimmt, und dasselbe auch für die Vitamine gilt, dann ist doch alles in Ordnung. Oder?
Nein es ist eben nicht alles in Ordnung.

Es geht zusätzlich noch darum, wie diese Stoffe im Körper verwertet werden können. Und das ist für die verschiedenen Verbindungen ganz unterschiedlich. So ist es keineswegs egal, ob z.B. Zink als Zinkoxid oder Zinkorotat gegeben wird. Ganz schlecht sieht die Versorgung mit Kalzium über Kalziumkarbonat, auch Kesselstein genannt, aus. Aber das gilt für alle Mineralien und auch für viele Vitamine. Oft sind die in Molekülen und Zellen eingebauten Spurenelemente, also die aus Pflanzen und Tieren, ungiftig und die anorganischen lebensgefährlich giftig.
Und es ist vor allem überhaupt nicht gut untersucht, wovon wieviel im Sinne der Lebenserhaltung verwertet werden kann. Man weiß nicht viel darüber, und es ist sicher auch von Tierart zu Tierart verschieden. Auch Blutwerte sagen darüber nur wenig, denn Mineralien kann man nicht wie Bauklötzchen zu einem Häuschen stapeln, sie interagieren miteinander. Letztlich ist entscheidend, was in der Zelle ankommt und dort verwertet werden kann.

Genau gerechnet und zusammengestellt, bei Barfern vielleicht noch auf der Briefwaage abgewogen, kann also bedeuten: Total falsch ernährt. Vom einen zuviel, vom anderen zu wenig und überhaupt: Viele dieser synthetischen Stoffe kommen immer mehr ins Gerede, weil sie Schäden anrichten. Da werden demnächst noch interessante Erkenntnisse von kritischen Forschen, z.B. aus der Epigenetik, veröffentlicht werden. Ich freue mich darauf.

Wie macht es denn die Natur?

In der Natur finden die Lebewesen alle Stoffe zur Erhaltung ihres Lebens in dem, was sie fressen, und fast alles ist lebendig: Pflanzen und Tiere mit der ganzen Vielfalt ihrer Strukturen. Manchmal wird auch Lehm gefressen, um Giftstoffe im Darm zu binden, das entspricht einer Heilerde, und immer wieder werden Salzlecken aufgesucht. Auch Hunde brauchen Salz in kleinen Mengen. So sieht das Leben in der „freien Natur“ aus.
Wenn wir diese natürlichen Stoffe als Futter wollen, dann müssen wir nahe an der Natur bleiben. Immerhin hat sie ja bewiesen, dass sie die Tiere und uns Menschen über Millionen Jahre erhalten hat.

Machen Sie was aus diesen Erkenntnissen!

Klaus-Rainer Töllner, Biologe, Waltrop

04.09.2017

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