Der Schwarzwälder Fuchs
Eine Kaltblutrasse mit Tradition
Das sanfte Wesen und die äußere Erscheinung erwecken sofort das Vertrauen in diese eleganten, aber dennoch sehr robusten Pferde des südlichen Schwarzwaldes.
Kaum eine andere Rasse verkörpert die Tradition der Kaltblutzucht so wie die Schwarzwälder Kaltblutpferde. Im südlichen Schwarzwald lag das ursprüngliche Zuchtgebiet dieser Kaltblutrasse. Die Bewahrung der Tradition und die Zuchtgeschichte lässt den Schwarzwälder Fuchs zu einem verlässlichen, umgänglichen und treuen Partner in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Freizeitbereich werden.
Die Wälderpferde haben sich den enormen Gelände- und Vegetationsformen, dem rauen Klima und den ertragsarmen Böden des Hochschwarzwaldes angepasst. Die Zucht der Pferde lag weitgehend in bäuerlicher Hand, aber auch klösterliche Meierhöfe wie zum Beispiel St. Märgen machten sich die Zucht zu eigen. Von dort stammt der Name der St. Märgener Kaltblutpferde.
Ob sie nun Schwarzwälder Kaltblut, Fuchs, St. Märgener oder einfach Schwarzwälder genannt werden – die Namen umschreiben alle den gleichen sympathischen und anpassungsfähigen Kaltbluttyp.
In der Gegend des südlichen Schwarzwaldes, wo Grün- und Ackerland bewirtschaftet wurde, aber auch die Forstwirtschaft einen hohen Stellenwert hatte, galt es, ein zugstarkes und dennoch bewegliches Arbeitspferd auf dem Hof zu haben. In den Landschaften der Schwarzwälder Mittelgebirge mit rauem Klima und steilen Hängen war ein leichtfuttriges, winterfestes, robustes und flottes Pferd gefragt, welches auch an steilen Hängen noch Biss zeigte. Trittsicherheit und ein nicht zu hohes Gewicht waren wichtig.
Um 1880 setzte sich nach dem Körgesetz die Einkreuzung von belgischen Hengsten mit dem Bestreben nach schweren Pferden nicht durch. Die Züchter und Bauern verlangten nach bodenständigen Hengsten, die ein Wälderpferd ausmachten. Zu massige Pferde waren in der Schwarzwälder Heimat nicht zu gebrauchen. Als Argument wurde der Vergleich zu einem schweren Mann gezogen, der als Landbriefträger im Schwarzwälder Gelände ungeeignet wäre.
Vereinzelt züchteten Bauern mit ihren eigenen Hengsten – mit entsprechendem Kaliber –, die nicht durch die Körrichter zugelassen waren. Denn auf das Äußere der Pferde legten sie wenig Wert. Die Leistung und der Charakter zählten. Diese „verbotene Zucht“ geschah selbstverständlich unter strenger Geheimhaltung.
Die Zuchtlinien zeigen die Einwirkung fremder Rassen:
M-Linie | Norikerhengst Milan |
R-Linie | Norikerhengst Reith-Nero |
D-Linie | Rheinischer Kaltbluthengst Deutschritter |
W-Linie | Norikerhengst Wirts-Diamant |
F-Linie | Freibergerblut Feldsee |
V-Linie | Schleswigerblut Vogstberg |
Zu den Erhaltungsmaßnahmen gehören klare Zuchtziele:
- Das Zuchtziel wird den Marktanforderungen unter Berücksichtigung der rassetypischen Eigenschaften angepasst
- Das Fortlaufen der Rasseerhaltung
- Der Schutz von Schimmel, Rappen und Braunen
- Inzucht wird vermieden
In Jahren mit wenigen Deckhengsten und Zuchtstuten war es mehrmals notwendig, Fremdrassen in die Schwarzwälder Zuchtlinie einzukreuzen. Hierdurch wurde eine breitere genetische Grundlage geschaffen. Ein zu hoher Verwandtschaftsgrad in der Zucht entsprach nicht den Zuchterwartungen und barg die Risiken der Inzucht.
Aufgrund dieser unzureichenden Zuchtbasis wurden Noriker, Schleswiger und Freiberger als Fremdblut eingekreuzt.
Härte, Langlebigkeit und Fruchtbarkeit prägen die Schwarzwälder Füchse bis in die Gegenwart. Die Hengsthaltung liegt aktuell überwiegend in staatlicher Hand im Haupt- und Landgestüt Marbach.
Heute steht das lebendige Kulturgut Baden-Württembergs im Erhaltungszuchtprogramm unter besonderem Schutz des Ministeriums für Ländlichen Raum. Das Ursprungszuchtbuch führt der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg. Dort sind derzeit 700 Stuten und 35 Hengste registriert.
Die Zuchtleitung der Württembergischen Pferdezuchtverbände umschreibt den Schutz der Rasse so: „Der edle Fuchs ist ein einmaliges züchterisches Kleinod, ein kulturelles Erbe, das es zu bewahren und zu erhalten gilt.“
Der Zuchtwert besteht aus Eigenschaften wie Interieur, Exterieur, Bewegung, Fruchtbarkeit, Gesundheit, Leistungsbereitschaft und der Charakter.
Im Haupt- und Landgestüt Marbach erfolgen die Erhaltungsmaßnahmen und Zuchtprogramme, staatliche Fördermaßnahmen, staatliche Hengsthaltung und Hengsfohlenaufzucht, der Frisch-Spermaversand sowie die jährlichen Stutenschauen.
Die Einsatzzwecke dieser Pferde sind als Arbeits-, Forst- sowie Reit- oder Fahrpferde recht vielfältig. Die Eigenschaften und die Gestalt der Schwarzwälder haben sich bis heute kaum verändert. Dank der klaren und strengen Zuchtziele gehört diese Kaltblutrasse zu den robusten, gesunden und ausgeglichenen Vertretern in unserem Land.
Die Einsicht, dass diese Pferde im landwirtschaftlichem Einsatz schonender für Wald und Boden sind, verschafft dem Kaltblüter die Rückkehr als Arbeitspferd. Die vielen Vorteile fördern die Nachfrage nach vierbeinigen Helfern, gerade im biologischen Landbau und in der Forstwirtschaft.
Reiter haben mit dieser Rasse einen treuen und verlässlichen Begleiter bei Ausritten und auch auf Turnieren ist er manchmal zu sehen. Die Leichtigkeit dieser Pferde machen aus dem Schwarzwälder ein bewegliches und wendiges Freizeitpferd. Als Fahrpferd wird seine Ausdauer, die Verlässlichkeit und der raumgreifende Schritt sehr geschätzt. Ob als Reit- oder Fahrpferd, Rücke- oder Arbeitspferd, das Schwarzwälder Kaltblut ist ausdauernd und arbeitsfreudig.
Mit einem Gewicht von 500 bis 650 kg wird der Schwarzwälder Fuchs in die leichte bis mittelschwere Gewichtsklasse der Kaltblüter gebracht. Sein Charakter und die Größe von 148 bis zu 160 cm erlaubt ihm den Einsatz auch in der mit Pferden gestützten Therapie. Der starke Körper, das sanfte Gemüt und die ausdrucksstarken, großen Augen vermitteln Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit.
Als Zug- und Arbeitspferd weist das ursprüngliche Wälderpferd einen kräftigen Knochenbau, eine stark bemuskelte Kruppe sowie ein schräge Schulter, klare Gelenke und feste Hufe auf. Die helle Mähnenfarbe ist besonders beim Kohlfuchs sehr auffällig und überhaupt ein Erkennungsmerkmal. Diese Farbkombination ist neben der helleren Fuchsfarbe die beliebteste. Die helleren Füchse werden ab und zu mit Haflingern vom alten Schlag verwechselt. Rassekenner mögen diesen Vergleich bitte verzeihen. Die Ähnlichkeiten sind allerdings nicht ganz unbegründet und zuchthistorisch zu erklären. Auf beide Rassen nahm der Kaltblut-Adel der Noriker Einfluss. Die Ansprüche dieser Pferde hatten viel gemein. Die Anpassung an die landschaftlichen Gegebenheiten und Umwelteinflüsse, die Nervenstärke, die Fähigkeiten eines Zug- und Reitpferdes, das sowohl die Bewirtschaftung steiler Hänge als Rückepferd als auch die Bestellung von landwirtschaftlichen Flächen als Arbeitspferd ermöglichte, wurden beiden Rassen als Eigenschaft abverlangt. Anders als beim Schwarzwälder Kaltblut ist der „stabile“ Haflinger vom alten Schlag nur noch selten anzutreffen.
Aber noch einmal zurück zu den Farben: Neben den bekannten hellen und dunklen Fuchsfarben in Kombination mit dem blonden Langhaar, die dem Schwarzwälder den Beinamen Fuchs gegeben haben, gibt es seltener auch Braune, Rappen und Schimmel. Zur nachhaltigen Erhaltung dieser Fellfarben sind aktive Zuchtmaßnahmen nötig, da die Braunen, Schimmel und Rappen des Schwarzwälder Kaltbluts vorm Aussterben bedroht sind. Generell steht das Schwarzwälder Kaltblut auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der Pferderassen.
Als robuste Pferderasse im mitteleuropäischen Raum gilt der Schwarzwälder als sehr widerstandsfähig und ausdauernd.Diese heimischen eleganten Kaltblüter sind sehr genügsam, auch was den Futterbedarf angeht. Um die Pferde gesund zu erhalten, soll die Fütterung der Leistungsanforderung angepasst sein. Oft reicht Heu von artenreichen Wiesen, Vielfalt auf den Weiden, natürliche Mineralien und wenn der Bedarf da ist etwas Kraftfutter in Form von reinem Getreide wie zum Beispiel Hafer. Ein weiterer Grund gegen die damalige Einkreuzung der schweren Kaltblutrassen war eben die Genügsamkeit der leichteren Schwarzwälder.
Der Schwarzwälder Fuchs hat sich über Jahrzehnte seiner Heimat angepasst und die vorbildliche Zucht unterstützt seine bewährten Eigenschaften. Mit einem Schwarzwälder Kaltblut geht man eine treue Partnerschaft ein. Sein ausgeglichener, liebevoller Charakter und die anmutige Gestalt vermitteln Ruhe und Vertrauen. Zugleich sind die Kraft und die Ausdauer Zeichen seiner Verlässlichkeit.
Carsten Jung
01.12.2019
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