Mariendistel
(Botanischer Name: Silybum marianum)
Lange vergessene Heilpflanze
Unter den Korbblütlern bilden die Disteln eine ganz besondere Gruppe. Sie sind nicht immer ganz einfach zu unterscheiden. Eine besonders auffallende Erscheinung ist die aus dem Mittelmeerraum stammende Mariendistel, die etwa 1,50 m hoch wird.
Diese attraktive Pflanze fällt durch ihre gewellten, silbrig marmorierten und extrem stacheligen Blätter auf. Man kann sie leicht von allen anderen Arten unterscheiden.
Volksheilkunde
Die Mariendistel ist eine der Distelarten, die in der Heilkunde eine ganz besondere Bedeutung haben. Zu dieser Gruppe gehören auch ihre Verwandten, die Artischocke und das Benediktenkraut. Alle drei werden zur Anregung von Leber und Galle und bei Erkrankungen dieser Organe eingesetzt. Die Mariendistel war als Heilpflanze lange vergessen. Ihren besonderen Wert hat man erst in den 80er Jahren neu entdeckt.
Wirkstoffe
Mit modernen analytischen Methoden konnte man das Geheimnis der Mariendistel lüften: Es ist der Wirkstoffkomplex Silymarin, der Leberschutzfaktor, gespeichert in der Samenschale.
Die Leber muss mit allen Stoffen fertig werden, die in den Körper gelangen und ihn wieder verlassen sollen. Das sind zum einen normale Abbauprodukte aus dem Stoffwechsel, wie die Harnsäure, das sind aber auch belastende Stoffe im Futter wie Schimmel und deren Toxine, andere biogene Gifte, Pestizidrückstände und chemische Stoffe, von den inzwischen zigtausend in Luft, Böden und Wasser gelangen. Eine besondere Belastung sind vor allem diese körperfremden Stoffe, die in der Natur nicht vorkommen und die auch in Futtermitteln verarbeitet werden, wie Stabilisatoren oder künstliche Antioxidanzien, synthetische Mineralstoffe und Zusätze wie Aromastoffe, aber auch viele Medikamente zählen dazu.
Die Leber muss diese Stoffe entweder passieren lassen, wobei häufig die Leberzellen geschädigt werden, oder aufwändig enzymatisch umbauen. Das alles belastet die Leber bis an ihre Leistungsgrenze und darüber hinaus. Leberschäden sind deshalb keine Seltenheit.
Das wirksamste natürliche Mittel zur Unterstützung der Leberfunktionen ist die Mariendistel. Der Wirkstoffkomplex Silymarin schützt die Leberzellen vor Zellgiften, hilft ihnen, sich zu regenerieren, bindet freie Radikale und unterstützt die Fettverdauung. Selbst bei schwerster Schädigung kann sie noch helfen. Sie wird z. B. in der Humanmedizin bei Vergiftungen mit Knollenblätterpilz, der die Leber zerstört, hochkonzentriert eingesetzt, da ist sie das einzig wirksame Mittel.
Wie wirkt Silymarin?
Silymarin besteht aus einem Gemisch von Flavonolignanen, wobei Silibinin die biologisch aktivste Form ist und damit die Leitsubstanz darstellt. Die Wirkung als Leberschutzfaktor durch Silymarin beruht im Wesentlichen auf der Stabilisierung der Zellmembran und auf der Stimulation der Regenerationsfähigkeit der Leberzellen. Im Vergiftungsfall erschwert Silymarin das Eindringen von Toxinen und verhindert den Verlust funktioneller Zellbestandteile, wie Transaminasen, indem Oxidations- und Transportprozesse in der Zellmembran vermindert werden. Darüber hinaus stimuliert Silymarin die Proteinbiosynthese und regt die Zellregeneration sowie die Bildung neuer Hepatozyten an.
Zusätzlich wurden für Silymarin auch entzündungshemmenden, antikanzerogene (Krebs) und antifibrotische (Fibrose: krankhafte Vermehrung des Bindegewebes) Effekte nachgewiesen. 2011 haben Wissenschaftler vom Krebszentrum der Colorado State University eine Studie veröffentlicht, wonach die Zufuhr von Silymarin das Wachstum von Lungenkrebs bei Mäusen verlangsamt. Der Wirkstoff Silibinin verhindert außerdem das Eindringen von Lungenkrebszellen in andere Gewebe und ist damit wirksamer als die gängigen Medikamente.
Anwendung
Zu therapeutischen Zwecken werden von der Mariendistel heute nur die ca. fünf Millimeter langen, ovalen Früchte oder Samen verwendet. Sie sind graubraun und leicht glänzend. Die Schale, in der das Silymarin gespeichert ist, kann von Säugetieren nicht aufgeschlossen werden; auch der Tee aus gestoßenem Samen bringt der Leber nur geringe Unterstützung, da sich Silymarin in Wasser schlecht löst.
Sehr bewährt haben sich daher Extrakte, die dem Futter dosiert zugegeben werden sollten. Sie helfen den Tieren, besser auszuleiten und auch alle Stressphasen besser durchzustehen. Eine Entgiftung mit der Mariendistel sollte begleitet werden mit nierenanregenden Kräutern, die dafür sorgen, dass die wasserlöslichen Stoffe rasch ausgeschieden werden.
Die Unterstützung der Leber durch Silymarin ist auch besonders wichtig für ältere Tiere, Tiere mit beeinträchtigtem Stoffwechsel, übergewichtige Tiere und bei allen, die sich mit Hautproblemen wie Fellschäden, Schuppen, Hotspots, Pfotenlecken, Ekzemen und Mauke quälen, also gleichermaßen für Pferde wie für Hunde.
Die Blätter der Mariendistel unterstützen in der Pferdefütterung als Bitterkraut den Gallenfluss, sie enthalten kein Silymarin. Das aus dem Samen gepresste Öl enthält Omega-6-Fettsäuren und ist ebenfalls frei von Silymarin.
Zucht und Aufzucht
Stuten und Zuchthündinnen sind in besonderer Weise beansprucht. Ihr Stoffwechsel muss im letzten Drittel der Trächtigkeit und während der gesamten Laktationsphase Höchstleistungen vollbringen. Je nach Futterangebot und Medikamentengaben ist die Leber entsprechend belastet, oft wird sie überfordert. Resorbieren bei Stuten oder Hündinnen, totgeborene Welpen und mangelhafte Milchleistung und totales Abhaaren können dadurch verursacht sein. Mit einer rechtzeitigen Entgiftung und einer optimierten Ernährung können diese Probleme minimiert werden. Die Engländer nennen die Mariendistel Milchdistel und setzen die Mariendistel traditionell auch zur Unterstützung der Milchbildung ein.
Anwendungsempfehlung
Silymarin ist ein starkes pflanzliches Mittel, jede Entgiftung muss deshalb mit Bedacht durchgeführt und das Tier genau beobachtet werden. Die Entgiftung und Ausleitung sollte deshalb von dem Tierheilpraktiker oder dem naturheilkundlich arbeitenden Tierarzt begleitet werden.
Manfred Heßel, Dipl.-Ökologe
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