Kornelkirsche
(Botanischer Name: Cornus mas)
Zu unseren schönsten Wildobstbäumen gehört die Kornelkirsche. Eine vergessene Schönheit, nur wenige kennen und nutzen den widerstandsfähigen Strauch mit überraschenden Eigenschaften. Im zeitigen Frühjahr gehört die Kornelkirsche zu den ersten Blütensträuchern. Die Früchte hat man lange Zeit den Vögeln überlassen, denn die Kerne sind in Relation zur Frucht recht groß. Als Saft, als Püree, Gelee oder Chutney lassen sie sich in der Küche hervorragend nutzen.
Ein wenig Botanik
Die Kornelkirsche gehört zur Familie der Hartriegelgewächse. Sie wird auch Gelber Hartriegel, Herlitze oder Dirndl genannt. Die goldgelben Blüten verströmen von Februar bis April einen honigsüßen Duft und locken dadurch Bienen und auch viele Vögel an. Im Herbst überrascht sie durch eine auffällige Laubfärbung und säuerliche rote Früchte. Als alleinstehender Strauch oder Baum wächst sie sparrig, also mit weit abstehenden Ästen und kann eine Höhe von fünf Metern erreichen, Bäume im Balkan, Kaukasus und Nahen Osten sogar acht Meter. Die Kornelkirsche wird etwa 100 Jahre alt. Zur Unterscheidung: der weitverbreitete Rote Hartriegel, mit der roten Rinde, hat weiße Blüten und schwarze Beeren.
Wachstumsbedingungen
Kornelkirschen brauchen Sonne oder Halbschatten. Ein feuchter, nährstoffreicher und kalkhaltiger Boden sorgt für die idealen Wachstumsbedingungen. Generell sind die Sträucher jedoch sehr genügsam, sie kommen auch auf trockenen Böden klar und werden mit längeren Trockenperioden gut fertig. Ein regelmäßiger Rückschnitt ist nicht zwingend nötig, da die Pflanze nur sehr langsam wächst. Will man die Kornelkirsche in Form bringen, schneidet man kurz nach der Blüte dann kann die Pflanze die Wunden schnell schließen und neue Triebe entwickeln.
Eine besondere Pflege ist bei dem Standortspezialisten nicht notwendig. Die Kornelkirsche sucht ihren Standort gerade dort, wo andere Bäume nicht gedeihen. Sauren, trockenen Boden toleriert sie und auch Hitze und Wind können ihr nur in seltenen Fälle etwas anhaben. Soll die Kornelkirsche in eine Hecke integriert werden, hält man sie durch einen gezielten Schnitt (oder durch den regelmäßigen Verbiss der Pferde) in Form. Konkurrenzstarke Gehölze wie etwa Ahorn oder Birke sind ungünstige Nachbarn, denn gegen das starke Wurzelwachstum dieser flachwurzelnden Pflanzen kommt sie langfristig gesehen nicht an. Die Kornelkirsche wurzelt zwar sehr tief, um aus tieferen Grundwasserbereichen zu schöpfen, sie braucht aber zur Wurzelatmung auch ein oberflächennahes Wurzelnetz.
Vermehren lässt sie sich einfach durch Absenker oder Stecklinge. Man schneidet einen kräftigen Trieb ab, befreit das untere Ende von den Blättern und steckt ihn in feuchten, nährstoffarmen Boden. Ein Bepudern der Schnittstelle mit Weidenrindenpulver oder Angießen mit Weidenrindentee fördert die Bewurzelung.
To eat or not to eat
Der Glaube, die Kornelkirsche sei giftig, ist weit verbreitet. Zwar kann intensiver Hautkontakt mit der Pflanze bei empfindlichen Menschen durch die feinen Härchen auf den Blättern zu Rötungen und Juckreiz führen, aber dieser lässt sich durch einfaches Waschen schnell beseitigen. Bei der Ernte, sei es durch Pflücken oder Schütteln, wird deswegen langärmelige Kleidung empfohlen. Als Nutzpflanze findet die Kornelkirsche vielfache Verwendung. Die sauer-herben Früchte, weisen einen hohen Vitamin C- und B-Gehalt auf, sie sind reich an Mineralien, besonders Kalium, Magnesium und Kalzium. Außerdem enthält sie Glukose, Fruchtsäuren, Schleim- und Gerbstoffe. Deswegen behalten auch die reifen Früchte ihren herbsäuerlichen Geschmack. Zu Marmelade, Püree oder Saft verarbeitet, mit Apfel oder Holunder kombiniert oder als Chutney schmecken sie zu unterschiedlichsten süßen oder pikanten Gerichten. Auch die gelben Knospen und Blüten sind sehr saftig und geschmackvoll und machen Frühlingssalate zu einem echten Hingucker.
Ein besonders hartes Holz
Kornelkirsche trägt auch den Namen Gelber Hartriegel. Diesen Namen hat sie wegen des besonders harten Holzes. Es ist elastisch und robust, eignet sich für Werkzeuge und Drechselarbeiten, Zahnräder in Mühlen, Radspeichen und es wurde früher für spezielle Waffen genutzt. Qualitativ wurde es dem Eibenholz gleichgesetzt, es wurden daraus Bögen und Armbrüste gefertigt. Hartriegel nannte man auch Eisenholz, es ist so schwer, dass es im Wasser untergeht. Der Bogen des Odysseus, die Langspeere in der Armee Alexanders des Großen, der Speer von Romulus waren der Sage nach aus dem Holz der Kornelkirsche.
Der Stenz, ein Accessoire zum Angeben
Im 19. Jhdt. waren die Wanderstöcke aus Kornelkirsche, die in Ziegenhain bei Jena hergestellt wurden, sehr beliebt. Ein Ziegenhainer gehörte als „Stenz“ noch in den 1920er Jahren zur Studentenausstattung. Natürlich gab es auch billigere Varianten aus Hasel oder Weißdorn, doch wer etwas auf sich hielt, hatte einen echten Ziegenhainer. Ursprünglich ein robuster Knotenstock zum Wandern, später genutzt bei Studentenduellen von den Sekundanten. Aus dem Knotenstock zum Wandern und zur Verteidigung entwickelte sich ein aufwändig gestaltetes Accessoire, zum Angeben wie zur Anmache. Tja, wer hatte das von Uropa gedacht. Aber so kam der Stenz zu seiner zweiten Bedeutung. Unter anderem sorgt die Kornelkirsche für eine gute Durchblutung im Urogenitalbereich. Auf weitere aphrodisierende Aspekte will ich an dieser Stelle nicht eingehen.
Inhaltsstoffe und Einsatzbereiche
Die Kornelkirsche wird vor allem wegen ihrer milden adstringierenden Wirkung geschätzt: Die Früchte ziehen Gewebe wie die Mundschleimhaut leicht zusammen, dadurch wird die Angriffsfläche für Keime reduziert, vielen Keimen wird die Ernährungsbasis entzogen. Das stärkt die erwünschte Flora in Maul, Magen und Darm.
Die Rinde ist reich an Bitterstoffen (Cornin) und enthält zusätzlich Gerbstoffe und Pektine. Der daraus gewonnene Tee wirkt stopfend und kräftigend. Die Blätter haben eine mildere Wirkung und als Tee einen sehr angenehmen Geschmack, die Mischung aus Blatt und Rinde schmeckt angenehm und ist sehr wirkungsvoll.
Hildegard von Bingen riet Gichtpatienten, zu Bädern mit den Blättern und dem Holz des Kornellenstrauchs. Die Früchte dagegen – ob als Saft, Mus (gekocht oder roh) – reinigen und festigen den gesamten Verdauungstrakt.
Kornelkirsche in der Pflanzenheilkunde
- Darmreinigung und Behandlung bei Collitis ulcerosa:
Kornelkirschen als Saft oder Püree, sowie die frischen oder getrockneten Früchte. - Glutenunverträglichkeit (Zöliakie): Drei- bis fünfmaliger täglicher Verzehr der ganzen Frucht, 2 Esslöffel voll, roh oder gekocht in der Langzeittherapie, etwa drei Monate lang.
- Magenprobleme und Magengeschwür: Die in der Kornelkirsche enthaltenen Antioxidantien, besonders der Farbstoff Anthocyan, helfen gegen Freie Radikale und wirken entzündungshemmend auf die Schleimhäute und festigen die Gefäße.
- Besenreiser und Krampfadern: Auszüge und Tees aus Kornelkirschen-Blättern und -Früchten können gegen Krampfadern eingesetzt werden, zusätzlich bereitet man aus Blättern und Rinden Bäder oder Waschungen bei Besenreisern und Krampfadern.
- Für Waschungen nimmt man 2 Esslöffel auf 500 ml kochendes Wasser, für ein Vollbad kocht man 50 g getrocknete Rinden und Blätter kurz auf und lässt sie dann 15 min ziehen.
- Durchfall, rote Ruhr: Wegen ihrer Verwendung gegen die Ruhr, die Beeren wirken blutstillend und leicht stopfend, heißen die Beeren auch Ruhrbeeren.
- Niere und Blase: Bei Nierensteinen werden Saft und Tee eingesetzt. Da die entzündungshemmenden Wirkstoffe wasserlöslich sind und über Niere und Blase ausgeschieden werden, eignet sich die Kornelkirsche zum Ansäuern des Harns, zur Reduzierung von Grieß und Harnsteinen.
- Ausleitung: Wegen der verbesserten Durchblutung im Gewebe, der Festigung der Gefäße, besonders der Kapillaren, unterstützt die Kornelkirsche den Zellstoffwechsel und sorgt für eine bessere Ausleitung.
Die Kornelkirsche ist in der heutigen Heilkunde nahezu vergessen. In Österreich und in den Balkanländern, wo es auch größere Wildvorkommen gibt, nutzt man den dort Dirndl genannten Strauch bei Magen- und Darmproblemen und macht leckere Liköre und Obstbrände daraus. Auch die Saftproduktion hat in den letzten Jahren wieder zugenommen.
Im Wildgarten, an der Koppel oder in einer Wildhecke ist die Kornelkirsche sicher eine Bereicherung.
Manfred Heßel, Dipl.-Ökologe
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