Johanniskraut

(Botanischer Name: Hypericum perforatum)

Blühendes JohanniskrautAlte Heil- und Zauberpflanze

Weltweit gibt es rund 400 bekannte Arten des gelb blühenden Johanniskrauts. Nur zehn Arten kommen in Mitteleuropa vor, die meisten sind im asiatischen Raum heimisch. Bei uns ist das heilkräftige Tüpfeljohanniskraut (Hypericum perforatum) am häufigsten.

Wenn man die Blätter gegen das Licht hält, wirken sie vielfach durchlöchert. Es sind die Öldrüsen, die das Blatt perforiert erscheinen lassen. Die Stängel werden von zwei Korkleisten begleitet, dadurch entsteht ein elipsenförmiger Stängelquerschnitt, der dem eines Schwertes ähnelt. Die gelben Blütenblätter färben sich beim Zerreiben rot wie Blut, dieser rote Farbstoff färbt auch das Johanniskrautöl, das Rotöl.

Volksheilkunde

Als alte Heil- und Zauberpflanze mit engem Bezug zur Sommersonnenwende war sie im Gebrauch unserer Vorfahren so fest etabliert, dass sie bei der Christianisierung einer besonderen „Bekehrung und Umtaufe“ unterworfen werden musste. Ihren Einsatz einfach zu verbieten, wäre wohl nicht gelungen. 

Die Sommersonnenwende wurde zum Johannistag, der am 24. Juni begangen wird. Johannes ist der um eine halbes Jahr ältere Verwandte von Christus und dessen Vorläufer. Johannes wurde als Märtyrer mit dem Schwert enthauptet, aus seinem Blut soll diese Pflanze entstanden sein. Den Bezug zum Schwert hatte sie ja bereits als druidische Heilpflanze bei Wunden. Die Schutzpflanze gegen Verwundung, Vergiftung und Verhexung blieb der christianisierten Gesellschaft erhalten, zum Nutzen von Menschen und Tieren.

Inhaltsstoffe

Aus dem Vertreiben der bösen Geister wurde der Einsatz als Antidepressivum. Man darf über diese einseitig beworbene Indikation des Johanniskrautöls die anderen Einsatzbereiche der Pflanze nicht vergessen:

Verschiedene Inhaltsstoffe wirken auf Bakterien abtötend und behindern die Ausbreitung von Viren. Die Gerbstoffe haben adstringierende Wirkung, wodurch mikroskopisch kleine Oberflächenstrukturen des Körpergewebes verdichtet werden. So finden Entzündungserreger weniger Angriffsfläche und Wunden heilen schneller. Johanniskraut hat nach meinen Erfahrungen bei allen Tieren auch eine gute immunstimulierende Wirkung.

Kaum eine Heilpflanze gilt als so gut untersucht wie das Johanniskraut. Es enthält ca. 700 verschiedene Inhaltsstoffe; solche komplexen Kombinationen lassen sich synthetisch nicht nachbauen. Das Johanniskraut enthält u. a. ätherische Öle, Hyperforin, Hypericin und Pseudohypericin, Flavonoide, Rutin und Gerbstoffe.

Botenstoffe im Gehirnstoffwechsel werden nachweislich beeinflusst. Johanniskraut wirkt stimmungsaufhellend, und auch die innere "Aufnahme oder Ausnutzung des Sonnenlichts" wird erhöht.

Die auftretenden Nebenwirkungen sind weitaus geringer als die synthetischer Psychopharmaka. Problematisch sind allerdings hochdosierte Extrakte, die in Wechselwirkung mit anderen Medikamenten treten können. Diese Extrakte sind heute alle apothekenpflichtig.

Wie sehr Johanniskraut das körpereigene Gleichgewicht wiederherstellt bzw. normalisiert, kann man daran ersehen, dass hormonell wirkende Kontrazeptiva damit wirkungslos gemacht werden können.

Johanniskraut unterstützt die Schilddrüse bei Unterfunktion in der Verwertung des vorhandenen Jods, eine gute Hilfe für Tiere, die Seealgen oder Jodpräparate nicht annehmen wollen. Es hat auch eine antibiotische Wirkung gegen Bakterien, Einzeller wie Trichomonaden und Giardien und eine virostatische Wirkung insbesondere bei Herpeserkrankungen.

Anwendung

Angewendet wird Johanniskraut als Zusatz zum Futter oder als Tee, äußerlich als Bäder oder zum Betupfen betroffener Stellen.

Allen Pflanzenfressern, ob Meerschweinchen oder Pferden, kann man Johanniskraut sehr gut verfüttern, Hunden und Katzen gibt man den Tee am besten unter das Futter.

Probleme mit der Lichtempfindlichkeit sind bei Rindern und Pferden bekannt geworden, nachdem die Tiere größere Flächen mit Johanniskraut abgeweidet hatten; dabei kam es besonders an unpigmentierten Stellen zu Sonnenbrand. Diese Fälle traten in Amerika auf, wo sich das Johanniskraut, aus Europa eingeschleppt, invasionsartig ausgebreitet hat, weil ihm die Konkurrenz anderer Pflanzen fehlte.

Auf unseren Wiesen und Weiden ist ein solches Angebot an Johanniskraut nicht zu finden, und bei den empfohlenen Gaben von 1-2 g für einen Hund und 15-100 g für ein Pferd (Reichling et al. 2008) sind diese Probleme auch nicht zu erwarten.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass Johanniskrautöl ein wunderbares Heilmittel bei Hautverbrennungen und Sonnenbrand ist. Hier wird Gleiches mit Gleichem behandelt, wenn auch nicht im homöopathischen Sinne.

Sie müssen selbst abwägen, ob Sie jahrhunderte alten Erfahrungswerten vertrauen oder jüngsten Untersuchungen, die sich auf gestörte Ökosysteme Nordamerikas beschränken.

 „Denn“, so schrieb Paracelsus dazu, „seine Tugend kann gar nicht beschrieben werden, es ist nicht möglich, dass eine bessere Arznei gegen Wunden in allen Ländern gefunden wird.“

Manfred Heßel, Diplom-Ökologe

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