Brennnessel
(Botanischer Name: Urtica dioica, Familie der Brennnesselgewächse)
Eigenschaften und Signaturen
Jeder hat sich schon einmal an Brennnesseln verbrannt und weiß daher genau, warum sie so heißen. Was viele nicht wissen: Die Brennnessel ist vielseitig nutzbar - als Gemüse, Färbemittel, Faserpflanze, Ölpflanze und als Futterpflanze für Pferde und Fohlen, ergänzend bei der Aufzucht von Welpen, für Hühnerküken und viele andere Jungtiere. Sie ist Heimat und Nahrung für viele Insekten und Schmetterlingsraupen.
Als wertvolle Heilpflanze ist sie bekannt, so bei Gicht und Rheuma, zur Blutbildung, zur Unterstützung des Urogenitaltraktes und zur Ausleitung sowie zur Verbesserung der Fruchtbarkeit. Durch Fermentierung wird die Brennnessel zu einem unverzichtbaren Pflanzen-Stärkungsmittel, sie aktiviert die Mikroflora im Boden und vertreibt Blattläuse.
Es gibt männliche und weibliche Brennnesselpflanzen. Bei der Vermehrung ist sie aber nicht allein auf Bestäubung und Samenbildung angewiesen, sie kann sich durch Ausläufer auf nährstoffreichen Standorten ausbreiten und große Bestände entwickeln. Große Brennnesselhorste können also genetisch aus einer einzigen Pflanze bestehen. Wenn Sie schon einmal Brennnesseln gejätet haben, so wissen Sie, dass sich die langen Ausläufer im Frühjahr noch einigermaßen herausziehen lassen. Später sind sie so fest im Boden verankert, dass sie sich nur noch mit der Grabgabel entfernen lassen, wenigstens teilweise.
Aufmerksame Gärtner haben schon vor Jahrhunderten festgestellt, dass aromatische Pflanzen, besonders Doldengewächse wie Dill, Fenchel, Kümmel oder Engelwurz und auch Lippenblütler wie z. B. Ysop, Pfefferminze, Melisse oder Katzenminze in Brennnesselnähe besonders viele Aromastoffe (ätherische Öle) ausbilden. Brennnesseln stärken also das Immunsystem benachbarter Pflanzen, denn ätherische Öle werden als Schutz- und Abwehrstoffe gebildet. Mischkulturen mit Brennnesseln sind schwierig bis unmöglich, weil die Nessel wegen ihres starken Wuchses andere Pflanzen vollständig unterdrücken kann. Man ist deshalb auf die geniale Idee gekommen, die Fähigkeiten der Brennnessel durch Kräuterauszüge, Extrakte und - noch wirkungsvoller - über durchgegorene Jauchen, also Fermentierung, auf die Kulturpflanzen zu übertragen.
Brennnesseln liefern ein breites Spektrum an Mineralstoffen und Spurenelementen, besonders reich sind sie an Silizium. Das macht sie als Futterpflanze für viele Insekten so begehrenswert und daraus resultiert auch ihre starke Abwehrfähigkeit.
Wie bei den meisten windbestäubten Pflanzen sind die Blüten unscheinbar. Bei den Blättern lohnt es sich aber, genau hinzuschauen: Sie sind besetzt mit Brennhaaren, kleinen Kanülen aus Silizium, deren Spitzen bei Berührung abbrechen und die wie eine Injektionsnadel die Haut durchbohren und dort hinein Histamine und Ameisensäure injizieren. Ameisensäure fördert die Durchblutung.
In den Wurzeln findet man Gerbsäure. Blätter und Früchte sind reich an Eisen, den Vitaminen B und C, sowie Karotinoiden. Die Blätter enthalten harntreibende Flavonoide, Silikate und die besagten, dem Histamin ähnlichen Substanzen.
Die Brennnessel wirkt auf Fauna und Flora
So wie die Brennnessel den Boden von Überdüngung reinigt und befreit, bringt sie den Stoffwechsel von Mensch und Tier ins Gleichgewicht, indem sie Überschüssiges und Schädliches aus dem Organismus ausschwemmt.
Die Brennnessel verfügt über ähnliche Fähigkeiten wie saugende und beißende Insekten: Auch sie dringt in die Haut anderer Lebewesen ein. Genau darin liegt ihr Verteidigungs- und Abwehrpotential. Sie hilft also, Grenzen zu ziehen und Abstand herzustellen. Nützlinge und Schmetterlingsraupen kommen dabei nicht zu Schaden und deswegen ist diese Nutzung im Garten zum Erhalt unserer Singvögel so bedeutsam.
Manfred Hessel
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