Floh- und Zeckenbekämpfung
- wie funktioniert die "chemische Keule"?
Ektoparasitenbekämpfung bzw. -prophylaxe beim Hund ist ein zentrales Thema in der Veterinärmedizin – und in den meisten Haushalten von Tierbesitzern.
Meist werden Spot Ons oder Halsbänder mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Pyrethroide (Permethrin, Deltamethrin, Flumethrin) oder Phenylpyrazole (Fipronil; z.B. Frontline) zur Tötung bzw. Abwehr (repellierende Wirkung) von Insekten, Milben, Zecken usw. eingesetzt.
Pyrethroide
Pyrethroide gehören mit zu den wirksamsten Insektiziden. Betont wird vor allem auch ihre akarizide (Zecken tötende) Wirkung mit schnellem „Knock-down- und Tötungseffekt.
Wie alle Pyrethroide ist Permethrin stark fettlöslich (lipophil) und nur schwach wasserlöslich. Dies macht man sich zunutze bei der Anwendung von Permethrin als Spot On: Permethrin verteilt sich mit dem Fettfilm der Haut über den gesamten Körper des Hundes und „wird zum Teil auch in die Haut aufgenommen“ (Quelle).
„Nur“ in die Haut oder unter Umständen systemisch ins Blut?
Hierzu findet man nur dürftige Allgemeinangaben: Die Aufnahme von Permethrin in die Haut sei sehr gering, wie in vitro Untersuchungen gezeigt hätten (also nicht am Tier selbst). Die Wahrscheinlichkeit einer systemischen Intoxikation nach lokaler Applikation sei als sehr gering einzustufen. Und daraus die Schlussfolgerung – Permethrin sei in der Anwendung in der Regel sicher.
Hört sich doch sehr herstellerfreundlich an …
Eine Anreicherung im Fettgewebe ist möglich. Die Halbwertszeit (HWZ) für den Abbau von Pyrethroiden beträgt im Fettgewebe bis zu 30 Tage. Und wie sehen die Dosierungsempfehlungen aus? Für Hunde – unabhängig vom Gewicht – 4-wöchige Wiederholungen. Als Leishmanioseprophylaxe – unabhängig vom Gewicht des Hundes – 4-wöchentliche Wiederholungen.
HWZ von 30 Tagen bedeutet natürlich nicht, dass das Permethrin nach 30 Tagen vollständig abgebaut ist. Sondern „nur“ noch die Hälfte der ursprünglich verabreichten Menge im / auf dem Hund ist. Dann kommt jedoch schon die nächste Dosis hinzu, mit der Folge: Die gespeicherte Menge erhöht sich logischerweise mit jeder Behandlung!
Unter http://www.vetpharm.uzh.ch/WIR/00005264/5531__F.htm findet man beispielsweise die Information, dass allgemein eine sehr hohe orale Dosis vertragen wird, da Pyrethroide nur sehr gering über die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts resorbiert werden.
Was soll das das heißen? Die Hunde schlucken das Zeug doch nicht. Katzen durch die Fellpflege schon eher, die Folgen werden unten beschrieben. Aber weiter geht’s:
„Bei Dauerkontakt über die Haut oder den Inhalationsweg steigt die Toxizität an (Kühnert 1991). Auch beim Vorliegen grösserer Hautläsionen ist Vorsicht geboten. Es kann zu resorptiven Vergiftungen kommen (Ungemach 1994b).“
Aha.
Für Katzen ist Permethrin hoch toxisch!
Katzen haben im Gegensatz zu anderen Säugetieren einen Mangel an der sog. UDP-Glucuronyltransferase, einem Enzym, das Permethrin abbaut. Was allerdings nicht heißt, dass Permethrin für alle „Nichtkatzen“ nebenwirkungsfrei und völlig ungiftig ist.
Da häufig Hund und Katze in einem gemeinsamen Haushalt leben, kommen daher alternativ auch Imidacloprid-haltige Wirkstoffe zum Einsatz (z.B. Advantage, Advocate). Diese wirken allerdings nicht gegen Zecken. Advantix (nur für Hunde) als Kombination von Imidacloprid mit Permethrin (1:5) ist hingegen zeckenwirksam. Und soll für gemeinsam im Haushalt lebende Katzen gefahrlos sein!
In Anbetracht der bekannten Tatsache, dass viele Studien herstellerkonform erstellt werden, sollte man solchen Aussagen nicht unbedingt Glauben schenken.
Der Einfachheit halber werden Tierbesitzer beim Hund vermutlich eher auf Permethrin zurückgreifen, um „alle Fliegen (beim Hund) mit einer Klappe zu schlagen“. Bei Katzen wird als Mittel gegen Zecken Fipronil (Frontline, Amflee) in Form eines Spot Ons oder auch als Spray bzw. Flumethrin in Kombination mit Imidacloprid (= Seresto-Halsband) empfohlen.
Ob jedoch wirklich immer differenziert wird zwischen Mitteln für Hunde und denen für Katzen, die gemeinsam im Haushalt leben, bleibt fraglich. Kommen Katzen mit Permethrin-behandelten Hunden in Berührung, könnte dies für die Katze tödlich enden. „Bei tödlichen Intoxikationen ist meist die orale Aufnahme des Wirkstoffs durch Fellpflege ursächlich.“ (Quelle)
Nach Wikipedia heißt es dagegen klar und deutlich: „Katzen sind daher besonders anfällig für Pyrethroid-Vergiftungen, die bei ihnen üblicherweise tödlich verlaufen.“
Werden beispielsweise Ampullen ohne Beipackzettel vom Tierarzt mitgegeben, so sind Verwechslungen der Medikamente im Haushalt nicht auszuschließen!
Einige Worte zum Imidacloprid: Dieser Wirkstoff zählt zu den Neonicotinoiden – einer Gruppe hochwirksamer Insektizide, die mit dem Bienensterben in Zusammenhang gebracht wird. Aktuelle Studien belegen: Neonicotinoide machen Bienen krank, verkürzen ihr Leben und in Kombination mit dem häufig eingesetzten Fungizid Boscalid sind sie doppelt so schädlich für die Bienen!
Die Europäische Kommission überlegt, den Einsatz neonicotinoider Wirkstoffe (u.a. auch Imidacloprid) in Pflanzenschutzmitteln in der EU total zu verbieten. Zumindest den Einsatz auf den Außenflächen – in Gewächshäusern dürfen diese Gifte dann weiterhin verwendet werden …
Permethrin
Permethrin ist eines der ersten entwickelten Insektizide und Akarizide aus der Gruppe der Pyrethroide. Es ist seit 1977 im Handel. Schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wurden natürlich vorkommende Pyrethroide entdeckt: Die Pflanzengattung Chrysanthemum diente als Ausgangsmaterial zur Gewinnung von Pyrethrum, das sog. Pyrethrine (Nervengifte) enthielt. Deren insektizide Wirkungen erkannte man schnell. Pyrethrum ist ein Kontaktgift mit Wirkung auf die Atemöffnungen und Gelenkpolster der Insekten. Da Pyrethrum im Insekt relativ schnell abgebaut (entgiftet) wird, nur eine geringe Lichtstabilität hat und teuer in der Herstellung ist, folgte die Entwicklung von synthetischen Pyrethroiden mit noch höherer Toxizität für Insekten „bei gleichzeitig niedriger Toxizität gegenüber Säugetiere …“ (Quelle). Als Weiterentwicklung des Pyrethrums zeichnen sich synthetische Pyrethroide durch eine schnelle Wirksamkeit bei geringen Konzentrationen und hoher Photostabilität aus.
Aufgrund der schnellen enzymatischen Entgiftung von Natur-Pyrethrum im Insektenkörper (Resistenzproblem) werden Pyrethrum-haltige Präparate mit Piperonylbutoxid kombiniert, das den Abbau des Pyrethrums hemmt und dadurch die Wirkung steigert.
Im Folgenden ist von synthetischen Pyrethroiden die Rede.
Pyrethroide besitzen zwar chemisch das gleiche Grundgerüst, werden jedoch in zwei Typen unterschieden: Typ-I (heutzutage nur noch Permethrin) hat keine zusätzliche Cyano-Gruppe (-CN). Deltamethrin, Flumethrin u.a. gehören zum Typ-II mit eingebauter Cyano-Gruppe. Diese funktionelle Gruppe aus Kohlenstoff mit dreifach gebundenem Stickstoff verstärkt die Wirkungsweise der Pyrethroide und charakterisiert die Art der Vergiftungserscheinungen: Typ-I-Pyrethroide führten im Tierversuch zu Tremor, Ataxie, erhöhter Erregbarkeit und Reizüberempfindlichkeit. Typ-II-Pyrethroide verursachen übermäßigen Speichelfluss, klonische Krämpfe, Koordinationsstörungen und auch Tremor.
Permethrin wird als Kontakt- und Fraßgift gegen Zecken und Flöhe bei Hunden, gegen verschiedene Fliegenarten und Regenbremsen bei Rindern und gegen Läuse, Haarlinge u.a. eingesetzt.
In der Humanmedizin wird Permethrin z.B. gegen Kopfläuse und Milben angewendet – und auch als sog. Vektorenschutz (Schutz vor krankheitsübertragenden Mücken, Flöhen, Zecken) in Kleidungsgewebe eingearbeitet und im Bereich Outdoor oder Militär verwendet.
Permethrin ist in Deutschland, Österreich und in der Schweiz aufgrund seiner hohen Giftigkeit für Fische und Bienen nicht mehr als Pestizid zugelassen. Allerdings liest man in einer Dissertation von 2008, dass Permethrin aus o.g. Gründen nicht zur "breitflächigen" Anwendung in der Landwirtschaft zugelassen sei. Was denn nun?
Als Holzschutzmittel im Bauwesen, z.B. gegen den Hausbockkäfer, wird Permethrin hingegen verwendet. Wie lieben es manche Pferde, genüsslich Holzbalken anzuknabbern oder abzulecken!
Wirkungsweise
Pyrethroide (Permethrin, Deltamethrin, Flumethrin) sind Nervengifte und haben einen vergleichbaren Wirkungsmechanismus wie DDT. Sie gehören, wie oben bereits erwähnt, zu den wirksamsten Insektiziden auf dem Markt.
Der eigentliche Wirkmechanismus setzt am Nervensystem der Insekten bzw. Milben an: Pyrethroide binden an die Natriumkanäle von erregbaren Zellen wie Nerven- und Muskelzellen und verhindern das Schließen dieser Kanäle. Dadurch kommt es zu einem andauernden Einstrom positiv geladener Na-Ionen in die Zelle und folglich zu einer leichteren Erregbarkeit der Nervenzelle. Diese Dauererregung führt zunächst zu Hyperaktivität der betroffenen Nervenzelle, dann zu Krämpfen, Lähmungserscheinungen (Paralyse) und schließlich zum Tod des Organismus.
Typ-I- und Typ-II-Pyrethroide unterscheiden sich deutlich in ihrer Wirkungsweise: Permethrine (Typ-I) bewirken nur eine relativ kurze Öffnungsdauer der Natriumkanäle. Typ-II-Pyrethroide, z.B. Deltamethrine, öffnen die Natriumkanäle hingegen wesentlich länger – und irreversibel. Dies bedeutet: entsprechend längere Depolarisation und Erregung der Zelle und somit höherer Wirkungsgrad und größere Effektivität dieses Pyrethroids.
Pyrethroide vom Typ II scheinen auch die Leitfähigkeit der Chlorid-Kanäle zu beeinflussen (Quelle). Aber so genau weiß man das anscheinend nicht …
Und wenn dem so wäre, würde sich eine weitere Ungenauigkeit – eher Unkenntnis! – des Wirkungsmechanismus von Pyrethroiden erschließen: Denn die Chloridkanäle beeinflussen genau wie Natriumkanäle die Reizweiterleitung der Nervenzellen und damit den Aktivitätszustand der Muskelzellen. Allerdings bewirkt eine Öffnung der Chloridkanäle die Stabilisierung des Ruhepotentials, unterdrückt also die Wirkung der Depolarisation. Der genau entgegengesetzte Effekt!
Kann man auf dieser Basis den exakten Wirkungsmechanismus von Typ-II-Pyrethroiden überhaupt beurteilen?
Repellent-Wirkung
Ein Repellent ( lat. repellere = vertreiben), auch Repellens oder Vergrämungsmittel, ist ein Wirkstoff, der von einem Insekt, einer Zecke u.s.w. über den Geruchssinn wahrgenommen wird. Ein Repellent – im Gegensatz zum Akarizid oder Insektizid – tötet den Lästling nicht, sondern vertreibt ihn von der Körperoberfläche des Menschen oder Tieres. So zumindest die Theorie.
Als Repellent gegen Zecken wird insbesondere Permethrin hervorgehoben.
Jedoch herrscht offenbar Uneinigkeit sowohl in Bezug auf das Ausmaß seiner abschreckenden Wirkung als auch in Bezug auf die Frage, ob es sich bei Permethrin überhaupt um ein echtes Repellent handelt. In einer Dissertation aus dem Jahre 2015 wird beispielsweise von nur leicht repellierendem Effekt gesprochen.
„Es ist ein Insektizid und Akarizid mit einer leicht repellierenden Wirkung. Deltamethrin, wie auch Flumethrin (…) gehört aufgrund seiner α-Cyano-Gruppe zu den Typ-II-Pyrethroiden, die eine höhere Effektivität besitzen (…).“
Ist denn hier mit höherer Effektivität auch eine stärkere Repellentwirkung gemeint? Irgendwie bleibt das Wesentliche unklar …
Andere Quellen hingegen beleuchten den von vielen Autoren ganz selbstverständlich postulierten Repellenteffekt der Pyrethroide bedeutend kritischer. Sie hinterfragen, ob überhaupt ein repellierender von einem „Knock-down“-Effekt bzw. von einer tötenden Wirkung sauber getrennt werden kann:
Wenn Zecken Oberflächen berühren, die mit Permethrin (oder anderen Pyrethroiden) behandelt wurden, reizt dies ihre sensorischen Nervenendigungen. Dadurch haben die Zecken laut wissenschaftlichen Aussagen das Gefühl, über eine heiße geteerte Straße zu laufen. Das vermeiden sie natürlich – und dies erklärt ihren Rückzug. Allerdings ist dieses Verhalten nur bei hohen Permethrinkonzentrationen zu beobachten.
Hier zeigen sich weitere Unklarheiten: Der sog. „Knock-down“-Effekt ist charakterisiert durch anfängliche Erregungszustände mit Krämpfen, Koordinationsstörungen und anschließender Lähmung und Bewegungsunfähigkeit des Insekts oder der Zecke. Das Tier verendet erst nach einiger Zeit.
Bin ich bewegungsunfähig, kann ich keinen Rückzug antreten. Der „Knock-down“-Effekt hat folglich mit repellierender Wirkung nichts zu tun.
Ist die Dosis nun nicht ausreichend, so entgiften sich die Tierchen mit Hilfe von Enzymen selber und erholen sich wieder. Aus diesem Grund setzt man Piperonylbutoxid zum Permethrin zu, um den enzymatischen Abbau zu verhindern.
Was denn nun? Erst bei hohen Dosierungen funktioniert die Vertreibung, bei niedrigeren bzw. nicht ausreichenden Konzentrationen erholen sich Zecken und Insekten und überleben. Ist es eventuell schwierig, die angemessene Konzentration für eine echte Repellent-Wirkung zu bestimmen?
Die Berechtigung dieser Fragestellung finde ich bestätigt in einer Dissertation aus dem Jahre 2008: „ … wie schwierig es ist, normale Verhaltensänderungen durch Repellenteffekt von Neurotoxizität zu unterscheiden beleuchtet HAYNES (1988). Er betont, dass es umso schwieriger ist, einen toxischen Knock-down-Effekt von einer Repellentwirkung zu unterscheiden, je näher der Kontakt mit dem Mittel und die Verhaltensänderung zeitlich zusammen liegen.“
Kann unter diesen Umständen die recht lapidare Behauptung, Permethrin wirke als Repellent, überhaupt aufrechterhalten werden?
Übertragungszeiten von Erregern
Da Erreger Infektionsrisiken für den Wirt (Hund, Katze u.a.) sein können, ist es wichtig die – minimale – Zeitspanne zu kennen zwischen Anheftung einer infizierten Zecke am Wirt und der durch diese Zecke bedingten Erregerübertragung.
Untersuchungen an verschiedenen Zeckenarten (Schildzecken, Auwaldzecken u.a.) ergaben unterschiedliche Übertragungszeiten möglicher Infektionserreger. Hier einige Beispiele mit zum Teil gravierenden Unklarheiten bzw. Widersprüchen!
Auwaldzecken (Dermacentor reticulatus) saugen z.B. 2 bis 3 Tage am Hund, bis die Übertragung infektiöser Babesiose-Erreger (Babesia canis canis) erfolgen kann. Dies ist die längste genannte Übertragungszeit. Wobei hier offenbar Ausnahmen die Regel bilden: Infizierte männliche Auwaldzecken o.g. Spezies können bei einer zweiten Blutmahlzeit die infektiösen Erreger sofort übertragen!
Auch von 16-24 Stunden dauernder Blutmahlzeit der Zecke wird berichtet, bis sie Erreger übertragen kann.
Mit Borrelien (Borrelia burgdorferi) infizierte Schildzecken konnten im Infektionsversuch in weniger als 16 Stunden Blutmahlzeit Erreger übertragen.
Hierzu im Widerspruch steht die Aussage, dass die Übertragung von Borrelia burgdorferi von einer infizierten Schildzecke (gleiche Art wie oben) innerhalb der ersten 12-24 Stunden nach dem Stich nahezu ausgeschlossen werden könne.
Was heißt nahezu?
Ja oder nein? Ist die Übertragung möglich oder nicht? Diese Statements haben wissenschaftlichen Anspruch und dienen eher der Verwirrung.
Will man sich bei Wikipedia informieren, wird es noch spannender: „Erreger […] werden mitunter erst während des Saugaktes nach einigen Stunden (bei der Borreliose zum Beispiel etwa 6 bis 24 Stunden nach dem Einstich) auf den Menschen übertragen.“ Was für den Menschen gilt, trifft vermutlich auch auf den Hund zu?
Was ist, wenn das betreffende Permethrin-Präparat erst nach 7 Stunden am Hund wirkt? Oder seine Wirkung nach 6 Stunden und 15 Minuten seine Wirkung entfaltet? Dann ist logischerweise eine Erregerübertragung durch die Zecke durchaus möglich.
Was heißt bald?
Desweiteren gibt es keine konkreten bzw. übereinstimmenden Aussagen zum Zeitpunkt des Wirkungseintritts von Permethrin, d.h. zur Zeitdauer, bis Zecken abgetötet sind:
„Das Insekt (gemeint sind vermutlich auch Acariden, wie z.B. Zecken; eig. Anmerkg.) ist innerhalb weniger Minuten bewegungsunfähig […]. Der Tod tritt erst nach einiger Zeit ein.“ (Quelle)
„Bei hoher Dosis tritt der Tod bald nach dem Kontakt auf, bei niedriger Dosis kann der Tod des Arthropoden 24-48 Stunden nach Giftaufnahme folgen (Kill-Effekt).“ (Quelle)
Diese Aussagen sind sehr schwammig. Welche Zeitspanne umfasst „bald“? Was heißt hohe bzw. niedrige Dosis? Reagieren Wirtstiere u.U. sehr individuell auf Permethrin-Gaben, so dass z.B. manche behandelten Hunde in die Kategorie „niedrige Dosis“ rutschen und die Zecken noch viel Zeit zum Übertragen eventueller Erreger haben?
Auch folgende Aussage geht in diese Richtung: „Das Anhaften einer einzelnen Zecke kann nicht ausgeschlossen werden.“ (Quelle)
Im Klartext: Es werden nicht alle Zecken am Wirt mit Sicherheit abgetötet. Damit bleibt offenbar ein Restrisiko der Erreger-Übertragung bestehen …
Und eine weitere sehr ungenaue Beschreibung: „Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass für die Übertragung der meisten Erreger bei einem Zeckenstich mehrere Stunden des Saugaktes erforderlich sind.“ (Quelle)
Flumethrin
Ein kleiner Exkurs zum Flumethrin (angewendet bei Katzen), einem weiteren Wirkstoff aus der Gruppe der Pyrethroide.
Es wird im Zusammenhang mit dem Seresto-Halsband bei Katzen Folgendes erwähnt: „Es ist möglich, dass Zecken, die zum Zeitpunkt der Behandlung bereits an der Katze angeheftet und sichtbar sind, nicht innerhalb der ersten 48 Stunden nach Anlegen des Halsbandes getötet werden. Deshalb sollten die Zecken, die sich beim Anlegen des Halsbandes bereits auf der Katze befinden, entfernt werden.“ (Quelle)
Was ist mit denjenigen Zecken, die man nicht sieht – schlicht übersieht? Dürfen die bleiben?
Außerdem müsste man schlussfolgern, dass Flumethrin in diesem Fall länger als 2 Tage braucht, um zur Wirkung zu kommen. Zwischenzeitlich können infizierte Zecken fröhlich an der behandelten Katze saugen und Infektionen übertragen …
Resistenzen
Zunehmende Resistenzen gegen Permethrin stellen offenbar ein Problem dar.
Wie bereits erwähnt, können im Falle des Kontakts mit Pyrethroiden Insekten, Zecken u.a. vermehrt Enzyme bilden, die diese Pyrethroide abbauen. Permethrin z.B. wäre dann weniger wirksam oder sogar unwirksam. Als Gegenmaßnahme wird das Nervengift mit Piperonylbutoxid kombiniert, das den enzymatischen Abbau der Pyrethroide stört.
Resistenzen können auch durch sog. Punktmutationen ausgelöst werden: Hier wird ein Protein am Natriumkanal verändert, der „Knock-down“-Effekt abgeschwächt. Die Tiere erholen sich wieder.
Hier scheint das größte Resistenzproblem zu liegen, zumal die häufigste Form der Resistenz mittlerweile eine Kombination von drei Punktmutationen ist, also sogar drei Enzyme am Natriumkanal Strukturveränderungen unterliegen.
Dr. Frauke Garbers, Biologin
Quellen
https://agrar.bayer.de/Produkte/Pflanzenschutzmittel/Produktgruppen/Insektizide.aspx
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000004376/Straumer.pdf
http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/luessenhopj_ss11.pdf.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pyrethroide#Chemische_Strukturen
http://www.vetpharm.uzh.ch/WIR/00005264/5531__F.htm
http://www.spektrum.de/news/noch-schaedlicher-als-gedacht/1478783
https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-EU-Kommission-erwaegt-Verbot-von-Neonicotinoiden-8053714.html
http://d-nb.info/1074243293/34
http://www.protect.ibena.de/de/vektorenschutz.html
http://www.pan-germany.org/download/Big3_DE.pdf
http://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/chloridkanaele/2096
https://de.wikipedia.org/wiki/Permethrin
http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Permethrin
http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?tak/06000000/00062811.04?inhalt_c.htm
http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?tak/05000000/00051793.03?inhalt_c.htm
http://www.parasitenportal.de/hundekrankheiten-durch-zecken/
09.10.2017