Sauer macht lustig - oder doch nicht?
Die chronische Übersäuerung des Pferdes
Minna ist eine 12-jährige Stute. Ihre Atmung ist deutlich verschärft, sie hustet oft, leidet an einer Allergie auf Schimmelpilze, Pollen und Futterbestandteile. Schulmedizinisch wurde sie 3 Jahre lang erfolglos desensibilisiert, erhielt Acetylcystein zum Schleimlösen. Doch dieses Mittel linderte den Husten zum Schluss nur noch minimal. Auch Cortison-Depotspritzen zeigten keine Wirkung. Das Pferd erhielt versuchsweise noch andere Medikamente zum Schleimlösen mit der Folge einer Magenschleimhautentzündung und Appetilosigkeit. Schulmedizinisch war Minna austherapiert. Der Tierarzt wollte einen letzten Versuch mit einer sehr hohen Cortisondosis starten, was die Besitzerin jedoch ablehnte.
Wieso reagierte Mona nicht auf pharmakologisch wirksame Substanzen?
Ein gut funktionierender Stoffwechsel ist das A und O für die Wirksamkeit von homöopathischen und verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Bei einer chronischen Übersäuerung (latente Azidose) sind saure Abbauprodukte zwischen den Zellen eingelagert. Der Stoffwechsel ist durch die „sauren Nachbarn“ gestört, die Blutzufuhr behindert. Das Blut wird zähflüssig. Die Membrane der roten Blutkörperchen erstarren, die Erythrozyten können die feinsten Blutgefäße, die Kapillare, nur noch schlecht passieren, es gelangt nicht mehr ausreichend Sauerstoff in die Zellen, die Lieferung wichtiger Nährstoffe und Basen wird unterbrochen. Abfallprodukte des Stoffwechsels können nicht mehr richtig abtransportiert werden.
Meist sind es über Jahre hinweg viele Faktoren, die eine Übersäuerung mit begünstigen: viel Kraftfutter, unzureichende Bewegung, einige schulmedizinischen Medikamente wie Cortison, Schmerzmittel, Herzglykoside und Diuretika, zu wenig frische Luft, mineralstoffarmes Gras und Heu, Getreidefütterung. Um Säuren unschädlich und somit für den Körper ungefährlich zu machen, benötigt das Pferd Basen, also Verbindungen, die in der Lage sind, Säuren zu neutralisieren.
Reichen die Basenvorräte des Pferdes nicht mehr aus, um die aufgenommenen Säuren unschädlich zu machen, lagert der Organismus die sauren Abbauprodukte zwischen den Zellen im Interzellularraum ein. Dasselbe geschieht im Bindegewebe und in Sehnen und Bändern. Je nach Vorerkrankung oder Schwachstellen manifestieren sich Krankheitssymptome: Husten, Dämpfigkeit, Allergien, Durchfall, Koliken, Kotwasser, Juckreiz der Haut, Ekzeme, Strahlfäule, Fruchtbarkeitsprobleme, Verspannungen der Muskulatur, Hufrehe.
Wie ging es mit Minna weiter?
Bei Minna wurde ein spezieller Blut-Test (Basenpuffer) auf Übersäuerung durchgeführt. Dieser bestätigte den Verdacht einer chronischen Azidose des Tieres. Aufgrund dieses Befundes erhielt die Stute ein basisches Mineralfuttermittel und Homöopathika zur Anregung des Stoffwechsels. Minna hatte daraufhin einige Tage lang Durchfall, Husten und starken Juckreiz an Schweifrübe und Mähnenkamm. Dies kann als positiver Behandlungsverlauf angesehen werden, da das Pferd über die Entsäuerungsventile Darm, Lunge und Haut Säuren abtransportieren konnte. Bereits nach 3 weiteren Tagen stellte die Besitzerin fest, dass ihre Stute weniger hustete und die verschärfte Atmung nachließ. Die Behandlung wurde einige Monate lang weitergeführt mit sichtbarer Besserung der Symptome.
Die beste Kontrolle, ob eine Übersäuerung vorliegt: über den Basenpuffer per Bluttest.
Der Nachweis einer Übersäuerung
Der Nachweis einer chronischen Übersäuerung erfolgt über den Basenpuffer, eine spezielle Blutuntersuchung. Der Nachweis einer Azidose über die ph-Messung des Harns ist – wie noch allzu oft geglaubt wird – nicht sicher möglich. Denn: Lagert der Organismus die Säuren im Gewebe ein, bleibt der Harn trotz starker Übersäuerung im Normbereich.
Was tun bei Verdacht auf Azidose?
Ist ein Pferd therapieresistent oder leidet an chronischen oder rezidivierenden Erkrankungen, sollte von einem Therapeuten Blut entnommen und der Basenpuffer bestimmt werden. Je nach ermittelten Werten kann der Therapeut eine Entsäuerungstherapie beginnen.
Noch ein anderer Fall:
Pony Max ist ein 15-jähriger Wallach, der ausschließlich als Kutschpferd eingesetzt wird. Doch jedes Mal in Bewegung läuft ihm Rotz aus der Nase, er hustet und ist träge. Blutbefunde sind unauffällig, die Lunge, beim Abhören in Ruhe, ebenfalls.
Bei Max wurde der Basenpuffer bestimmt. Das Ergebnis zeigt eine chronische Übersäuerung des Tieres. Max erhielt ein Basenmineralfutter und Apfelessig. Nach 8 Wochen berichten die Besitzer, dass Max nur noch sehr selten Nasenausfluss hat, nicht mehr hustet und auch wieder energiegeladen die Kutsche zieht. Die Therapie wird weiter fortgesetzt.
Das Wichtigste ist, dem Tier die Basen zuzuführen, die es für einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt benötigt. Nur bei einer ausreichender Versorgung binden sich diese an die eingelagerten Säuren, es entsteht ein Salz, das abtransportiert werden kann.
Verschiedene Homöpathika können hilfreich sein, den erlahmten Stoffwechsel anzuregen (Citrokehl, Coenzyme comp., Ubichinon comp., Lactopurum). Diese Präparate sollten nur nach Absprache mit einem Therapeuten verabreicht werden.
Der Pferdebesitzer kann seinem Tier täglich 1 – 2 rohe Kartoffeln verfüttern, diese sehr basenreich sind. Wie beim menschlichen Verzehr auch, sollte darauf geachtet werden, dass die Kartoffeln über keine grünen Stellen verfügen, denn die enthalten Solanin, das sehr giftig ist. Täglich etwas Apfelessig ist hilfreich, er wird im Organismus in organische Basen umgewandelt.
Wichtig ist, einen erfahrenen Therapeuten an der Hand zu haben.
Denn gerade zu Beginn einer Entsäuerungstherapie treten häufig Erstreaktionen auf wie Juckreiz, Durchfall oder starker Husten. Der Therapeut sollte in der Lage sein, die Therapie, entsprechend der Krankheitssymptome, individuell zu gestalten. Für die Behandlung muss man, je nach Symptomen, mit einer Dauer von 3 bis zu 12 Monaten rechnen.
Denken Sie ganzheitlich, damit Ihr Pferd bald nicht mehr sauer, dafür wieder gesund ist.
Julia Larissa Back, Bad Bocklet
05.09.2017