Hundegesicht und Ausdruck

- neue Forschungsergebnisse

HundegesichtSeit Jahrtausenden sind Hunde treue Gefährten des Menschen. Seit ca. 30 000 Jahren schon leben sie mit dem Menschen zusammen. Sie näherten sich dem Menschen an – und dies offenbar nicht nur räumlich.

Wie nah sind Hunde uns wirklich?

Auch viele ihrer sozial-kognitiven Fähigkeiten vereinten sich im Laufe der Domestizierung mit denen ihrer Herrchen und Frauchen! Die Forschung über kognitive Leistungen bei Hunden begannen allerdings erst „kürzlich“, vor ca. 20 Jahren. Verhaltensforscher gehen mittlerweile davon aus, dass Hunde stark „menscheln“ – sie also situationsbezogen gezielt Ausdrucksverhalten zeigen, das mit bestimmten Emotionen assoziiert ist. Eigentlich für einfühlsame Hundebesitzer nichts Neues …

Der Mensch besitzt bekanntermaßen unter den Wirbeltieren das am stärksten entwickelte Gehirn, gekennzeichnet durch die größte Packungsdichte der Nervenzellen (Neuronen) und die höchste Synapsenanzahl, d.h. sehr hohe Erregungsgeschwindigkeit von Nervenimpulsen.

Kleiner Exkurs zur Hirnentwicklung

Je größer das Gehirn, desto geringer die Packungsdichte der Neuronen (Delfine besitzen gleich viel Hirnmasse wie der Mensch, jedoch bedeutend weniger Neuronen). Ausnahmen von dieser Regel bilden Vögel und Primaten – zu denen auch der Mensch zählt.

Die schlauen Elstern z.B. haben im Vergleich zu Primaten noch mehr Nervenzellen pro Gramm Hirngewicht! Sie erkennen sogar ihr eigenes Spiegelbild.

Und warum erbringen beispielsweise Honigbienen echte Intelligenzleistungen (Lernen, Gedächtnis, komplexe soziale Interaktion zwischen den Artgenossen)?

Insekten haben zwar nur eine halbe bis eine Million Schaltzentren im Gehirn,Oktopusse (Tintenfische) z.B. ca. 42 Millionen!. Beide haben jedoch sehr kleine Nervenzellen. Und dementsprechend pro Volumen Gehirn wesentlich mehr Neuronen als Wirbeltiergehirne. Der Vorteil: Sie können Informationen schneller verarbeiten.

Den Menschen übertreffen sie hinsichtlich der Hirnleistung dennoch nicht …

„Das menschliche Gehirn kombiniert einen großen Cortex mit einer relativ dichten Packung, hoher Übertragungsgeschwindigkeit und starker Parzellierung (Gehirnareale, die untereinander verschaltet sind und unterschiedliche Informationen aufnehmen und weiterleiten; eig. Anmerkg.). Daraus resultiert die höchste Informationsverarbeitungskapazität und Intelligenz unter allen Lebewesen.“ (Gerhard Roth, Hirnforscher, Emeritus an der Universität Bremen http://www.sueddeutsche.de/wissen/intelligenz-im-tierreich-was-im-kopf-steckt-1.1850424).

Nun können Hunde doch Mimik und Gestik des Menschen lesen – so gut wie offenbar kein anderes Lebewesen! Eine Fähigkeit, die dem Wolf als nicht domestiziertem Tier verwehrt ist. Denn ein direkter Blick in das Gesicht eines Artgenossen – oder eben des Menschen – signalisiert für ihn Aggression.

Der Hund in seiner Gemeinschaft zum Menschen hingegen konnte über Jahrtausende Gesicht und Stimmung des Menschen „studieren“.

Als typische Anpassung an den Menschen stellte der Hund beispielsweise auf Lautäußerung um, d.h. er entwickelte eine Vielzahl von Lauten (Jaulen, Knurren, Bellen), um sich leichter verständlich zu machen. Im Schutze der Gemeinschaft mit dem Menschen war diese Art der Kommunikation gefahrlos für ihn möglich. Um vom Menschen, der ja auch viel über die Stimme kommuniziert, verstanden zu werden – und sein Futter zu bekommen – musste man sich eben auf diese Art Gehör verschaffen.

Für den Wolf wäre das potenziell verhängnisvolles Verhalten: „Wer in der Natur zu laut ist, wird gefressen.“ (Norbert Sachser

Können Hunde nun bewusst über ihren Gesichtsausdruck mit dem Menschen kommunizieren?

Dies würde bedeuten, dass Hunde ihre Gesichtsmimik gezielt und absichtsvoll in der Kommunikation mit dem Menschen einsetzten und ihn dadurch in irgendeiner Weise beeinflussten.

Dieser Frage ging eine Forschergruppe um Juliane Kaminski von der University of Portsmouth (England) nach. Anhand des FACS (Fascial Action Coding System), einem Kodierungssystem mit genauer objektiver Analysemöglichkeit der Gesichtsmuskulatur, wurden 84 Hunde (alle älter als 1 Jahr) in entsprechenden Versuchen beobachtet.

Das klare Versuchsergebnis: Widmete der Mensch den Hunden gezielt Aufmerksamkeit, wandte sich ihnen also aktiv zu, so reagierten die Hunde mit einer Vielzahl verschiedener Gesichtsausdrücke.

War der Mensch jedoch abgelenkt und schaute nicht zu den Tieren hin, so nahmen die Hunde auch dies sehr deutlich wahr – und ersparten sich den kommunikativen Hundeblick!

Futter als Anreiz bewirkte hingegen keinerlei Änderung in der Hundemimik. Ein Hinweis dafür, dass Hunde einen bestimmten Gesichtsausdruck in einer speziellen sozialen Situation dem Menschen gegenüber „einsetzen“, d.h. gezielt mit ihm kommunizieren.

Das Hundegesicht spiegelt demnach nicht nur den unwillkürlichen inneren Gefühlszustand wieder (Freude, Liebe, Angst, Trauer usw.), sondern der Hund nutzt es vermutlich auch zur bewussten, absichtsbezogenen Kommunikation mit dem Menschen. Vorausgesetzt, der Mensch wendet sich auch dem Tier zu.

Fazit

Hunde sind in besonderer Form eingestimmt auf die Gefühlswelt des Menschen. Eine Folge des Jahrtausende währenden Zusammenseins mit uns!

Im Vergleich zu unseren nahesten Säugetierverwandten (z.B. Schimpansen) können Hunde viel besser feine Winke und Zeichen des Menschen wahrnehmen und offensichtlich auch richtig interpretieren.

Vielleicht sollten wir uns als Hundebesitzer (genauso als Pferde- oder Katzenhalter) mit mehr Achtsamkeit, d.h. mit mehr bewusster Aufmerksamkeit, unserem Tier zuwenden und damit unsere eigene Wahrnehmungsfähigkeit dem Tier gegenüber trainieren und verfeinern. Alles Übungssache – man muss nur wollen …

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen

https://www.welt.de/wissenschaft/article1258600/Der-Hund-ist-viel-schlauer-als-gedacht.html

http://www.sueddeutsche.de/wissen/intelligenz-im-tierreich-was-im-kopf-steckt-1.1850424

http://www.spektrum.de/news/hundemimik-ist-botschaft-fuer-menschen/1512947

https://www.nature.com/articles/s41598-017-12781-x#Abs1

https://news.nationalgeographic.com/news/2013/02/130218-dogs-animals-science-mind-smart/

http://candog.de/candog-im-interview-mit-dr-juliane-kaminski/

13.01.2018

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