Tannenbäume und andere Koniferen
(Botanischer Name: Picea abies u. a.)
Viele Jahrzehnte lang war die Rotfichte (Picea abies) der klassische Weihnachtsbaum, wurde aber meist fälschlicherweise als Tannenbaum bezeichnet. Wenn wir früher an einer Fichten-Schonung vorbeikamen, zeigte man uns als Kinder sogar den Garten vom Christkind…
Als erst Ölöfen und bald danach Zentralheizungen die Kohleöfen in den Wohnungen abgelöst hatten und als wegen des Fernsehers die gute Stube täglich geheizt wurde, kamen die Fichten aus der Mode. Denn selbst wenn der Baum in einer Wasserschale stand, erlebten die wenigsten Nadeln noch den Dreikönigstag. Aber der intensive Duft der Fichte hat sich als Weihnachtsduft tief eingeprägt.
Rotfichte (Picea abies)
Heute ist die Rotfichte immer noch der ideale Weihnachtsbaum für den Außenbereich. Dort hält sie beständig jede Temperatur aus und kann auch schwereren Christbaumschmuck problemlos tragen. Auf der Webseite von Baumkunde.de kann man sehr schön die Unterschiede zwischen Fichte und Tanne sehen:
http://www.baumkunde.de/Picea_abies/
http://www.baumkunde.de/Abies_alba/
Der botanische Name der Fichte Picea, verweist auf das lateinische pix, Pech, und erinnert an das harzreiche Holz, das für Fackeln und zur Gewinnung von Pech genutzt wurde. Fichtenpech wird bis heute auch als Salbengrundlage genutzt.
Die Blaufichte (Picea pungens)
Die Blaufichte, auch sie wird meist Blautanne genannt, kann auch in warmen Räumen als Weihnachtsbaum genutzt werden. Wie die Rotfichte verströmt sie einen leichten harzigen Fichtenduft, der das Haus mit weihnachtlicher Stimmung füllt. Die Blaufichte stammt aus Alaska, der Gartenbau hat sehr blaue Formen herausgezüchtet. Blaufichten sind ausgesprochen frostresistent (bis minus 40°C), sie gelten dazu als industriefest!
Im vergangenen Jahr hatte ich zum ersten Mal eine Blaufichte. Die spitzen Nadeln sind beim Baumschmücken lästig, halten aber auch neugierige Katzen und Hunde von dem Baum fern. Wegen ihrer schönen, flach angeordneten Zweige lässt sich die Blaufichte sehr gut dekorieren.
Die Nordmanntanne (Abies nordmannia)
Die Nordmanntanne ist die einzige echte Tanne im aktuellen Christbaumangebot. Sie stammt aus dem westlichen Kaukasus und ist mit der heimischen Weißtanne verwandt. Wegen ihrer schönen grünen Nadeln, dem eigenen Duft und der guten Haltbarkeit auch in wärmeren Räumen, ist sie heute der beliebteste Weihnachtsbaum und wird in Christbaumkulturen überall kultiviert.
Tannenzapfen
Und wenn wir schon bei den Tannen sind: Wenn sie im Wald Tannenzapfen sammeln wollen, werden sie auf dem Boden nicht fündig werden. Sie werden auch im entlegensten Hunsrückwald oder im Schwarzwald keinen einzigen Tannenzapfen finden! Wieso? Weil die Zapfen der Tannen bei der Samenreife zerfallen, auf den Zweigen bleibt die leere Zapfenspindel stehen. Die Zapfen die gemeinhin aufgesammelt werden, sind also Fichtenzapfen, Kiefernzapfen, aber auch Zapfen von Douglasien, u. a.
Der Christbaum fürs Pferd
Und damit sind wir gleich bei der existentiellen Frage, die jedes Jahr neu gestellt wird: Darf ich den Christbaum an mein Pferd verfüttern? Ja, wenn er nicht gespritzt wurde!
Der ausgetrocknete Weihnachtsbaum harzt nicht mehr, weil die Harzgänge eingetrocknet sind. In diesem Zustand werden die Zweige und ein großer Teil der Äste von den Pferden gerne geknabbert. Frisches Koniferengrün wird von unseren Pferden wegen der Harzgänge und des austretenden Harzes gemieden.
Die Eibe (Taxus baccata)
Leider ist Eibengrün weich und wenig bitter. Die Eibe ist einer der wenigen Nadelbäume die keine Harze bilden, also auch frisch nicht harzen. Als Fraßschutz verlässt sich die Eibe auf ihre giftigen Inhaltsstoffe. Deswegen kommt es immer wieder zu Vergiftungen durch Eibengrün, das als Heckenschnitt gedankenlos auf Pferdekoppeln den Pferden angeboten wird.
Von den Eiben gibt es männliche und weibliche Exemplare; die weiblichen Eiben tragen rote Beerenzapfen, die männlichen Eiben fallen im Frühling – Anfang März – durch ihre gelben staubenden Blütenstände auf.
https://www.baumkunde.de/Taxus_baccata/Galerie/
Altes Brauchtum
Der Brauch Koniferengrün in den Wintermonaten ins Haus zu holen ist uralt; die ätherischen Öle der Koniferen desinfizieren die muffigen Winterräume, bekämpften Pilze und Schimmelsporen und reduzierten die Bronchialprobleme der früher oft auch mit Rauch und Ruß belasteten Stuben.
Erst im 18. Jahrhundert begann das wohlhabende Bürgertum, Tannen- und Fichtenzweige oder ganze Bäumchen mit Äpfelchen, Sternen aus Stroh oder Silberfolie oder gar Glaskugeln „aufzuputzen“. Kugeln und Sterne sollen das Licht der Kerzen reflektieren. Es ist das Licht der Sonne, das nun endlich wieder zunimmt, es ist auch Christus selbst, der als das Licht der Welt in dunkelster Nacht geboren wurde.
„Moderne, praktische“ Plastikbäume mit Blinklichtern pervertieren dieses alte Brauchtum und zeigen nur, wie weit sich viele Menschen von der Natur, von der Wiedergeburt des Lichtes und vom Erleben des Jahreskreises entfernt haben. Plastikgrün kann das ewige Leben und die Wiedergeburt nicht symbolisieren, ganz im Gegenteil und auch grelles LED-Licht erhellt nicht die Dunkeheit in der Seele.
Therapeutische Nutzung
Aus Fichten und Tannenspitzen kann man Hustensäfte und Bronchialsirup zubereiten oder, auch als Essenz, die ätherischen Öle zum Inhalieren für die Atemwege nutzen. Extrakte aus der Kiefer, vor allem Bergkiefer und Latschenkiefern, werden zum Einreiben von Gelenken und zur besseren Durchblutung im Beinbereich angewandt.
Die Volksheilkunde nutzte die Absude aus Koniferen-Spitzen (von Kiefer, Fichte, Tanne und Wacholder) oder die daraus gewonnenen alkoholischen Auszüge schon immer für Einreibungen, Inhalationen und Umschläge. Da die Heilpflanzen-Literatur die Koniferen nicht immer eindeutig trennte, werden sie auch heute noch meist zusammen abgehandelt. Das Latschenkiefernöl wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts in Bad Reichenhall destilliert und als Grundlage für Salben und Badezusätze gewonnen. Nach wie vor wird dort Latschenkiefernöl hergestellt und die Firma, die aus der Bad Reichenhaller Apotheke hervorgegangen ist, bezeichnet sich als die älteste Laschenkiefernöl-Brennerei.
Manfred Heßel, Dipl. Ökologe und Phytotherapeut