Kreuzbandriss beim Hund (Teil 2)
Reha- und alternative Behandlungsmethoden
Ist das Kreuzband gerissen – komplett oder auch nur in Teilen –, geht die stabilisierende Funktion des Kreuzbandes verloren. Es entsteht eine anhaltende Instabilität im Kniegelenk – Entzündungen, Arthrosen und Meniskusschäden sind die Folge.
Im ersten Teil des Beitrages wurden die Ursachen und die verschiedenen Operationsmethoden des Kreuzbandrisses beim Hund beschrieben. Die meisten Untersuchungen zeigen, dass durch die chirurgische Versorgung von Kreuzbandrissen bessere Ergebnisse erzielt werden können als durch die konservative Therapie.
Ist ein chirurgischer Eingriff aufgrund der konditionellen oder konstitutionellen Verfassung des Hundes oder aus anderen Gründen nicht durchführbar, gibt es natürlich auch die Möglichkeit der konservativen Therapie. Vor allem Hunde kleinerer Rassen erzielen oftmals bereits nach zwei Monaten konservativer Therapie ein zufriedenstellendes Ergebnis und können wieder schmerzfrei laufen. Bei größeren Hunden und Arbeitshunden hingegen ist jedoch meist eine chirurgische Stabilisierung nötig, um langfristig schmerzfreies Laufen zu ermöglichen. Vergleicht man den Therapieerfolg nach drei Monaten von chirurgisch und konservativ versorgten Hunden unabhängig vom Gewicht der Hunde, so erzielten die konservativ versorgten Hunde ein deutlich schlechteres Ergebnis. Einleuchtend ist, dass Hunde, bei denen das Kreuzband nicht komplett gerissen ist, meist schneller wieder lahmheitsfrei laufen können als Hunde mit einem kompletten Kreuzbandriss.
Die konservative Therapie besteht im Wesentlichen aus strikter Bewegungseinschränkung über mindestens vier bis sechs Wochen, wenn nötig einer Gewichtsreduktion, der Gabe von schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten sowie Chondroprotektiva (Knorpelunterstützenden Substanzen). Physiotherapeutische Maßnahmen unterstützen und beschleunigen die Regeneration.
Die Bewegungseinschränkung ist essentiell für den Heilungsverlauf. Nur noch kurze Spaziergänge an der kurzen Leine sind erlaubt. Bandagen können zusätzlich helfen das Kniegelenk zu stabilisieren, dürfen jedoch auf keinen Fall drücken, rutschen oder reiben. Je ruhiger das betroffene Kniegelenk gehalten werden kann, umso weniger unnatürliche Bewegung findet innerhalb des Gelenkes statt. Sind noch intakte Kreuzbandfasern vorhanden, werden diese geschont und nicht noch mehr strapaziert. Durch die Ruhe wird das Ausmaß der Gelenksentzündung und somit die Schmerzen reduziert. Außerdem kommt es durch die Ruhigstellung zu weniger unphysiologischer Reibung im Gelenk, was die Entstehung der Arthrosen mindert. Zudem werden die Menisken geschont und im besten Falle vor einer Schädigung bewahrt.
Bei übergewichtigen Hunden sollte unbedingt eine Gewichtsreduktion erfolgen. Übergewicht begünstigt Kreuzbandrisse und andere Gelenkserkrankungen. Ist der Kreuzbandriss des Patienten nicht ausschließlich durch ein Trauma entstanden, ist auch das Kreuzband des anderen Kniegelenkes stark gefährdet zu reißen. Dazu kommt, dass durch die Schonhaltung, also die Entlastung des erkrankten Beines, das gesunde Knie deutlich mehr belastet wird. Fällt die körperliche Bewegung nahezu weg, ist eine Gewichtsreduktion eine Herausforderung. Aber auch bei Hunden mit Idealgewicht muss darauf geachtet werden, dass sie mit der reduzierten Bewegung nicht an Gewicht zulegen und zu schwer werden. In beiden Fällen muss die Ernährung des Hundes entsprechend zusammengestellt werden.
Schmerzen sind ein gesundes Warnsignal des Körpers: „Bis hierher und nicht weiter – sonst geht noch mehr kaputt!“
Hat Ihr Hund Schmerzen im Knie, wird er es automatisch ruhiger halten und schonen. Allerdings soll der Hund natürlich nicht leiden. Deshalb ist individuell zu entscheiden, ob und welche schmerzlindernde und entzündungshemmende Substanzen, in welcher Dosierung und über welchen Zeitraum verabreicht werden müssen. Weihrauch, Teufelskralle oder Ingwer haben ähnliche Wirkungen wie die üblichen verschriebenen Schmerzmittel (z. B. Carprofen, Meloxicam), weisen aber weitaus weniger Nebenwirkungen auf.
Leidet ein Hund an einer Gelenkerkrankung, sollte das geschädigte Gelenk in der Heilung und alle anderen Gelenke vorbeugend unterstützt werden. Der Knorpel soll geschützt und erhalten, die Bildung von Gelenkschmiere angeregt, die Durchblutung des Gelenks gesteigert und Sehnen und Bänder gefestigt werden. Hierzu eignen sich Futterzusätze mit Grünlippmuschel, Teufelskralle, Mädesüß, Weihrauch, Gelatine und Hagebutten sehr gut.
Durch gezielte Physiotherapie werden Schmerzen gelindert und die Heilungszeit verkürzt. Der Aufbau der Muskelmasse unterstützt die Gelenkstabilität und die physiologische Gelenksbeweglichkeit wird erhöht. Zusätzlich werden durch die Übungen die Balance und die Koordination neu ausgebildet. Unvorteilhafte Körperhaltungen und/oder Verspannungen, die aus der Schonhaltung und den Schmerzen resultieren, werden therapiert oder es wird diesen vorgebeugt. Außerdem werden Fehl- oder Überbelastung anderer Gelenke und deren Strukturen, wie z. B. Sehnen minimiert. Je nach Problemlage werden z. B. Massagen, TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) oder Stoßwellentherapie eingesetzt – immer ergänzt durch aktive und passive Bewegungsübungen.
Dr. med. vet. Marlene Rost, Tierärztin
01.12.2018